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Armut in Brandenburg: Rentner nutzen Hilfsmöglichkeiten zu wenig
Auf Antrag der Linken diskutiert der Brandenburger Landtag kurz vor Ende der Legislatur noch einmal über Armut im Land. Parteichef Walter warf der Landesregierung Untätigkeit vor.
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Für Brandenburgs Linken-Chef Sebastian Walter war es der letzte große Auftritt, den er vor der Landtagswahl im Brandenburger Landtag hatte: Eine „Aktuelle Stunde“ zu einem der Kernthemen der Linken, der Armut im Land, die auf Antrag seiner Fraktion am Donnerstagvormittag im Potsdamer Stadtschloss stattfand.
Und der um den Wiedereinzug ins Parlament kämpfende heimliche Oppositionsführer zog zwei Tage vor dem Parteitag, auf dem die Linken ihr Programm für die Wahlen am 22. September beschließen wollen, alle Register. „Die Armut hat die Mitte der Gesellschaft erreicht“, stellte Walter im Landtag fest. „Jedes fünfte Kind in diesem Land lebt in Armut.“
Der Landesregierung warf er Untätigkeit vor. „Warum gibt es in diesem Land über Nacht hundert Milliarden Euro für Panzer und Raketen, aber nicht einen einzigen Cent für Rentner und für Niedriglöhner?“ Am Ende des Tages gehe es um Schicksale: „Was ist mit der Rentnerin, die 40 Jahre lang gearbeitet hat, und nicht weiß, wie sie ihre Mieterhöhung bezahlen soll?“
In den letzten fünf Jahren sei der Lohnunterschied zwischen Ost und West gestiegen. Die Landesregierung habe die Mietpreisbremse faktisch abgeschafft. Sie habe Strom- und Gassperren beibehalten und die von den Linken vorgeschlagene Einmalzahlung für DDR-Rentner abgelehnt.
Hingegen hob Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hervor, dass sich Brandenburg nach Daten des Paritätischen Wohlfahrtsverbands positiver entwickele als viele anderen Bundesländer. „Wer unsauber mit konkreten Daten umgeht, trägt in diesen Zeiten zur Verunsicherung der Bevölkerung bei“, warf sie Walter vor. Eines der größten Probleme im Kampf gegen Armut sei die Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen: Rund 60 Prozent der Rentner, die einen Anspruch auf „Grundsicherung im Alter“ hätten, nähmen das nicht in Anspruch.
Auch der SPD-Sozialpolitiker Günter Baaske wies die Kritik der Linken zurück. Er sprach sich dafür aus, das Kindergeld über Leistungen wie kostenfreie Kino-Eintritte oder Zoobesuche auch direkt an die Kinder auszuzahlen. „Höhere Löhne gehen nur mit besserer Industriepolitik“, sagte Baaske an die Adresse der Linken gerichtet. „Dann darf man aber nicht in Schnappatmung verfallen, wenn Herr Musk kommt und sagt, er schafft da tausende Industriearbeitsplätze.“ Denn die Kritik an Elon Musk und der Teslafabrik in Grünheide war ein Dauerthema der Linken in der abgelaufenen Legislaturperiode.
Auch die CDU-Sozialpolitikerin Roswitha Schier forderte, dass Brandenburg eine wirtschaftsfreundliche Region werden müsse. Dies würde auch zu guten Löhnen führen. „Perspektiven für die Zukunft starten im Elternhaus und entwickeln sich in Kitas und Schulen weiter“, sagte Schier. Nur mit genügend Personal gebe es eine qualitativ hochwertige Bildung.
Ähnlich äußerte sich auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Benjamin Raschke. Der Grünen-Politiker erinnerte an die Schaffung neuer Familienzentren und die beitragsfreie Kita für Kinder unter drei Jahren, die von der Kenia-Koalition eingeführt wurde. Für die kommende Legislaturperiode forderte er neue Tariftreuereglungen und die Gründung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, um mehr günstige Wohnungen im Land zu haben.
Differenziert äußerte sich der Abgeordnete der Freien Wähler, Matthias Stefke. „Um auch zukünftig Hilfe für die Bedürftigen leisten zu können, muss die soziale Hängematte straff gezogen werden“, sagte Stefke. Es dürfe sich für Bürgergeld-Empfänger nicht rechnen, zu Hause zu bleiben, während andere hart arbeiten müssten. Aus dem Rahmen fiel am Donnerstag nur der Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Hans-Christoph Berndt. Er nutzte die Debatte dagegen zu einer Generalabrechnung mit den Linken.
„Der Begriff Armut eröffnet Ihnen viele Möglichkeiten, ihren Gleichheitswahn auszuleben“, sagte Berndt. Die Linken betrieben eine „langfristige Verarmung Deutschlands“. Dies gelte besonders für die „sozial-ökologische Transformation“, etwa das Heizungsgesetz. „Brandenburg verarmt, weil die Altparteien der Meinung sind, wir müssten unseren Wohlstand opfern, um die Welt zu retten“, sagte Berndt. Das sei Verrat an der kommenden Generation.
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