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Im Zentrum. Die Universität Potsdam ist die größte im Land.

© Andreas Klaer

BRANDENBURG: Einseitige Wissenschaftslandschaft

Weite Teile des Landes sind von den Zentren für Lehre und Forschung abgehängt. Auch die Lausitz war schon immer Peripherie. Eine Analyse

Potsdam - Sie liegen bis auf ganz wenige Ausnahmen entweder im Bereich der Berliner S-Bahn oder aber an der Regional-Express-Linie 1, die fast drei Dutzend Wissenschaftsstandorte, die entweder direkt vom Land Brandenburg oder zusammen mit dem Bund finanziert werden. Und in dieser Achse wiederum nimmt die Landeshauptstadt Potsdam einen ganz besonderen Platz ein. Dort, in unmittelbarer Nähe zu den großen Einrichtungen Berlins, konzentriert Brandenburg einen Großteil dessen, was es an Ressourcen für Lehre und Forschung bereitstellt. Mit der Neustrukturierung der beiden Lausitzer Hochschulen wird damit eine Standortkonzentration zementiert, der weite Teile des Landes im Bereich der Wissenschaft abhängt.

Während bei der berufsorientierten Lehre an Hochschulen die Landeseinrichtungen noch eine gewisse regionale Streuung aufweisen, wird spätestens bei den reinen Forschungseinrichtungen die besondere Ballung offenkundig. Sie sind fast ausnahmslos mit der Berliner S-Bahn erreichbar. Die bedeutende der drei großen deutschen Forschungsgemeinschaften, die Max-Planck-Gesellschaft, hat die drei Einrichtungen, die sie im Land unterhält, in Potsdam. Das gilt auch für die zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft, die daneben noch Einrichtungen in Teltow und Wildau unterhält. Die dritte der großen Forschungsinstitutionen, die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit vier Einrichtungen ebenfalls nur in Potsdam und Teltow zu Hause. Und die Leibnitz-Gemeinschaft hat zwar noch zwei agrarwissenschaftliche Zentren in Großbeeren und Müncheberg, konzentriert ansonsten aber auch seine Aktivitäten in Potsdam. Außerhalb des Speckgürtels liegt nur das wissenschaftspolitisch umstrittene Mikroelektronik-Institut (IHP) in Frankfurt/Oder. Mit dem Einstein-Forum und dem Moses-Mendelsohn-Zentrum leistet sich das Land dann noch eigenständig zwei wissenschaftliche Einrichtungen, die ebenfalls in Potsdam arbeiten.

Geprägt ist diese Wissenschaftslandschaft vor allem von dem Versuch, aus der akademischen Erbmasse des ehemaligen DDR-Standortes Berlin so viel wie möglich herüberzuretten. Dies führte dann fast zwangsläufig dazu, dass dessen frühere Mitarbeiter sich abmühten, nicht allzu weit von den einstigen Wirkungsstätten aktiv zu bleiben. Beispielhaft dafür ist das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF), in dem viele ehemalige DDR-Wissenschaftler aus dem Akademiebereich oder Einrichtungen der Humboldt-Universität unterkamen.

Die Potsdam-Lastigkeit der Wissenschaft in Brandenburg ist für ein deutsches Flächenland – mit Ausnahme des Zwergstaates an der Saar – einmalig. Nirgendwo sonst ist auch nur annähernd eine ähnliche Konzentration auf einen Standort zu verzeichnen, der wegen seiner Funktion als Landeshauptstadt auch ansonsten überdurchschnittlich mit öffentlichen Einrichtungen bedacht ist. Dazu kommt noch ein in dieser Form ebenfalls einmaliges Phänomen. Für Studierende sind Hochschulen in Potsdam oder beispielsweise in Wildau geradezu ideale Ausweichstationen der Berliner Wissenschaftslandschaft. Dies führt dazu, dass weit über 10 000 Studierende mit Lebensmittelpunkt in der Bundeshauptstadt die Brandenburgischen Einrichtungen in Anspruch nehmen, die für sie relativ einfach erreichbar sind. Das Land, das bei den Ausgaben im Wissenschaftsbereich im bundesrepublikanischen Bereich weit hinten liegt, leistet sich mit dem spärlichen Geld eine Landschaft, die regionalpolitisch die Ungleichgewichte vergrößert und Berlin-ferne Landesteile benachteiligt. Ministerin Kunst, die vor nicht allzu langer Zeit als Präsidentin der Potsdamer Universität arbeitete, wird ihre bislang weitgehend unbekannten Pläne für eine Fusion der beiden Lausitzer Hochschulen auch unter diesem Aspekt zur Diskussion stellen müssen.

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