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Brandenburg: Schönbohms Sirenengesang

Brandenburgs Innenminister lockt den Dirigenten des Berliner Polizeiorchesters – trotz Stellenstopps

Potsdam. Man könnte es fast als Beitrag zur geplanten Länderfusion ansehen: Wenn schon der rot-rote Senat in Berlin beschlossen hat, das seit 1850 bestehende Polizeiorchester aufzulösen – dann springt Brandenburg ein und übernimmt die Beamten, die in Berlin nicht mehr musizieren sollen. Und als Erstes ihren Dirigenten Peter Feigel. Den nämlich will Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) jetzt abwerben. Er soll den Leiter des Brandenburger Polizeiorchesters Jürgen Bludowsky ersetzen, der lediglich kommissarisch im Amt ist.

Von Schönbohm heißt es, er sei bereits seit seiner Zeit als Berliner Innensenator ein Fan des Polizeiorchesters mit seinen gegenwärtig 34 Musikern. Und so hatte er schon im August nach Gesprächen mit Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mitgeteilt, dass er freie Stellen des Brandenburger Polizeiorchesters „mit Musikern aus dem sich in Abwicklung befindlichen Polizeiorchester Berlin besetzen“ wolle.

Dabei sind auch in Brandenburg die Kassen leer. Es herrscht Stellenstopp – und jede Ausnahme davon muss Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) eigens genehmigen. Und Schönbohm, nicht faul, hat einen entsprechenden Antrag im September gestellt. Dabei ist nicht einmal klar, wie lange es das Brandenburger Polizeiorchester selbst noch gibt. Die SPD will es nämlich abschaffen.

Deshalb auch wird Schönbohms Begründung für den Ausnahmeantrag von den Genossen als Zumutung empfunden: Schönbohm schreibt nicht nur, im Brandenburger Polizeiorchester eigne sich niemand als Leiter und Dirigent. Der 49-köpfige Klangkörper sei außerdem ein „wesentliches Identifikationsmerkmal“ der Bürger mit der Polizei und müsse erhalten bleiben. Drittens schließlich müsse die Kooperation mit dem Berliner Orchester organisiert werden.

Genau das aber lehnt die SPD entschieden ab: Es sei nicht die Aufgabe Brandenburgs, Auffangpositionen für abgewickelte Berliner Musiker zu schaffen. Zumal eben, wie der SPD-Abgeordnete Ulrich Freese sagt, das Land überhaupt „kein hauptberufliches Polizeiorchester“ brauche. Die Genossen sehen in der Finanzierung des Orchesters – rund 1,5 Millionen Euro im Jahr – keine „Kernaufgabe des Staates“. Brandenburg habe auch ohne die Polizeimusiker eine ausgeprägte und ausreichende Orchesterlandschaft. Im Übrigen spreche Schönbohm mit zwei Zungen, wenn er ständig zum Sparen auffordere, sein eigenes Ressort aber selbst ausnehme, sein Personalbudget schon 2002 um 3,4 Millionen Euro überschritten habe und nun auch noch einen Dirigenten einstellen wolle.

Finanzministerin Ziegler will denn auch die Einstellung des Berliner Orchesterleiters nicht genehmigen. Schon daher nicht, weil „bei den Orchestern des Landes Umstrukturierungsbedarf“ besteht – also auch bei den übrigen Klangkörpern, einem halben Dutzend, eingespart werden muss. Das Babelsberger Filmorchester etwa gilt als gefährdet. Und um Schönbohm die Flötentöne richtig beizubringen, hat Ziegler ihn freundlich darauf hingewiesen, dass CDU-Kulturministerin Johanna Wanka schon an einem Konzept für die künftige Orchesterlandschaft arbeite. Mit der solle er sich erstmal unterhalten.

Michael Mara

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