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Brandenburg: Spurensuche im Müll

Razzia bei den Betreibern der abgebrannten Deponie in Bernau / Verdacht: Zu viel und ungenehmigten Müll gelagert / Spezialisten durchsuchen die Abfallreste

Razzia bei den Betreibern der abgebrannten Deponie in Bernau / Verdacht: Zu viel und ungenehmigten Müll gelagert / Spezialisten durchsuchen die Abfallreste Von Peter Tiede Bernau/Frankfurt(Oder) - Wochen nach den Lösch- kamen die Suchtrupps: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und die Polizei haben gestern die im vorigen Monat abgebrannte Mülldeponie in Bernau (Barnim), fünf Firmen und die Privaträume von zwei leitenden Angestellten des Deponiebetreibers Gesellschaft zur Abfallverwertung und Bodensanierung mbH (Geab) durchsucht. Der Geschäfsführerin der Geab, Sylvia G. (44) aus Bernau, und dem Geab-Bereichsleiter Ralf L. (44) aus Rüdnitz, werfen die Ermittler vor, mindestens seit dem Jahr 2003 „besonders schwere Umweltstraftaten“ begangen zu haben. Konkret geht es um den Verdacht, dass auf der Geab-Deponie, auf der in der Nacht vom 9. zum 10. September ein Großfeuer ausgebrochen war, weitaus mehr Müll als genehmigt gelagert worden sei. Außerdem, so hieß es gestern aus Ermittlerkreisen, wird vermutet, dass auch illegal gefährliche Abfälle auf der Deponie lagerten. Spezialisten des Polizeipräsidiums Frankfurt, des Landeskriminalamtes (LKA) Brandenburg und des Landesumweltamtes nahmen gestern den ganzen Tag Müll- und Bodenproben auf dem Deponiegelände. Geprüft werde auch, ob es eventuell illegale Mülltransporte von der Deponie in Bernau bzw. dorthin gegeben hat. Bei dem Großbrand auf dem Deponiegelände waren im September etwa 50 000 Tonnen Müll und Recyclingabfälle verbrannt. Insgesamt lagerten dort 117 000 statt der erlaubten 45 000 Tonnen Müll – mehr als 70 000 Tonnen zu viel. Mehrfach hatte das Landesumweltamt die Betreiber seit März 2005 aufgefordert, die Müllmenge zu reduzieren. Da die Geab dies nicht im geforderten Umfang tat, ist die Deponie derzeit geschlossen. Das Landesumweltamt selbst hatte am 23. September bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt Anzeige gegen die Betreiber erstattet. Seither ermitteln die Beamten wegen „des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen“ und des „unerlaubten Betreibens von Deponieanlagen“, so Michael Neff, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gestern auf Anfrage der PNN. Der Straftatbestand des unerlaubten Betreibens einer Abfallanlage sei auch erfüllt, so Neff, wenn zu viel bzw. nicht genehmigte Abfälle gelagert werden. Nach PNN-Informationen prüfen die Ermittler auch, ob die beiden Beschuldigten noch weitere Straftaten begangen haben. Der Name von Ralf L. soll schon in anderen Umweltverfahren aufgetaucht sein, hieß es. Er sei zwar wegen anderer Delikte aktenkundig, allerdings nicht wegen Umweltkriminalität, hieß es weiter. Auf der Deponie sollen laut Landesumweltamt vor allem die von den Behörden genehmigten Mengen an Bauschutt und Gewerbeabfällen erheblich überschritten worden sein. Bei den Durchsuchungen wurde gestern daher auch gezielt nach Liefer- und Annahmeunterlagen, Computer- und Abrechnungsdaten gesucht. Welche Rolle die anderen Firmen, die neben der Geab noch durchsucht worden sind in dem Verfahren spielen, wollten Staatsanwaltschaft und Polizei gestern nicht mitteilen. Nach PNN-Informationen werden die Firmen Gesa GmbH, Gesa GmbH & Co. KG, Agronova und Sandra ebenfalls dem Umfeld der Geab-Chefin Sylvia G. zugerechnet. Auch diese Firmen sind auf dem Gelände in Bernau ansässig und sollen untereinander in Geschäftsverbindung stehen. Warum das Feuer auf der Deponie ausgebrochen war, konnte noch nicht geklärt werden. Brandstiftung wird als Ursache nicht ausgeschlossen, geprüft wird auch, ob sich das Feuer selbst entzündet haben könnte. Erst vier Wochen nach dem Brand hatte die Geab mit dem Abbau der Überbestände begonnen. So wurde etwa Müll aus Bernau als Brennstoff zu einem Zementwerk nach Polen gefahren. Das Landesumweltamt hatte einen Annahmestopp verhängt. Der Recyclinghof in Bernau war immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Zum einen hatte es dort schon mehrfach gebrannt und Anwohner hatten sich über starke Geruchsbelästigung beklagt. Zum anderen errang die Deponie überregionale Berühmtheit wegen der von ihr ausgehenden Kakerlakenplage, die sich bis in die Stadt Bernau hinein ausgebreitet hatte. Nach dem Großbrand, bei dem tagelang Rauchwolken über Berlin hinweg gezogen waren, waren die Kakerlaken dann zu Abertausenden vom Deponiegelände geflüchtet. Feuerwehr und Umweltamt hatten rings um das Brandgelände Kakerlaken-Fallen aufstellen müssen.

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