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Demografie: "Stalinistische" Bevölkerungspolitik?

Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD) fühlt sich nach den Ergebnissen der Bevölkerungsstudie an Stalins Zeiten erinnert. Dort werden unter anderem Wegzugsprämien für Abwanderungswillige vorgeschlagen.

Die Studie des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung, in der unter anderem Wegzugsprämien für abwanderungswillige Brandenburger vorgeschlagen werden, löst weiter heftige Reaktionen bei den märkischen Politikern aus. Durch den öffentlichen Druck sah sich das Institut offenbar veranlasst, die 64-seitige Studie bereits gestern Abend öffentlich zu machen. Eigentlich sollte sie erst am Donnerstag im Internet zu lesen sein.

Einen besonders harten Vergleich zog der Finanzminister Rainer Speer (SPD). "Solche Formen der Politik entsprechen allenfalls dem stalinistischen Zeitalter“, sagte er. Wie andere Politiker verwies er auf die brandenburgische Verfassung, die eine gleichmäßige Versorgung der Menschen in allen Landesteilen sicherstellen will. Die Lösungsvorschläge der Studie hält er schlicht für "nicht praxistauglich“. Genauso ablehnend ist die Reaktion bei der CDU. "Ich halte gar nichts davon“, sagte deren Generalsekretär Rolf Hilke. SPD-Fraktionschef Günter Baaske warf den Wissenschaftlern außerdem fachliche Mängel vor. Bei einer ersten Vorstellung der Untersuchung im Mai sei ein Ort aus Mecklenburg-Vorpommern dem Land Brandenburg zugeordnet worden.

"Wer zurückbleibt ist oft sozial schwach"

Der Direktor des Berliner Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, Reiner Klingholz, kann die massive Empörung der Politiker nicht verstehen. „Die Politik, bestimmte Regionen aufzugeben wird in Brandenburg doch schon praktiziert“, sagt er: „Mit jeder Schule, die man schließt, ohne über Alternativen nachzudenken, treibt man junge Familien davon.“ Schließlich konzentriere sich die Regierung auf bestimmte Zentren im Land. Das „Gießkannenprinzip“ einer flächendeckenden Förderung wurde schon vor Jahren abgeschafft.

Außerdem sei das, was die Studie belegt, nicht überraschend, sagt Klingholz. Sie zeichnet das bekannte drastische Bild für ländliche Regionen in Brandenburg: "Wer zurückbleibt ist oft sozial schwach, einkommensschwach, wenig mobil, häufig von Transferleistungen abhängig – also ein Versorgungsfall“, schreibt Klingholz in seiner gestern veröffentlichten Stellungnahme zur Studie. Gut ausgebildete Menschen, vor allem Frauen, würden dagegen das Land verlassen. Bis 2030 werde Brandenburg 13 Prozent seiner Einwohner verlieren, schätzen die Wissenschaftler. Die vieldiskutierte Wegzugprämie ist nur ein kleiner Teil der Lösungsansätze. Weiterhin schlägt das Berliner Institut vor, die Hauptstadt und Brandenburg zusammenzulegen, den Regionen eine größere Autonomie zuzugestehen oder ein Grundeinkommen für jeden Bürger einzuführen. (mj, das, ddp)

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