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Enquete-Kommission: Viel Staat half nicht viel

Die ernüchternde Bilanz der brandenburgischen Förderpolitik: Enquete-Kommission des Landtags hört Experten zur Wirtschaftsentwicklung

Potsdam - Was ohne den Wachstumsmotor Berlin passiert wäre mit der brandenburgischen Wirtschaft, will keiner der von der Enquete-Kommission des Landtags mit einem Gutachten beauftragten Wissenschaftler etwas präziser beantworten. Aber dass die Metropole entscheidend für die positiven Nachrichten ist, wurde offenkundig am Freitag bei der Vorstellung der Expertise im Landtagsgebäude auf dem Potsdamer Brauhausberg: Brandenburg ist wirtschaftlich ein gespaltenes Land und dagegen wird aus Wissenschaftlersicht die Politik weiterhin wenig tun können.

Auf 110 Seiten gehen Joachim Ragnitz (ifo Dresden), Karl Brenke (DIW Berlin) und Udo Ludwig (IW Halle), wie berichtet, detailliert mit den Schlüsselentscheidungen der stets SPD-geführten brandenburgischen Landesregierungen zwischen 1990 und 1998 ins Gericht. Sie kritisieren die Versuche nach 1994 mit allen verfügbaren Mitteln die Arbeitslosigkeit unter zehn Prozent zu halten. Die Bemühungen zur Ansiedlung industrieller Großprojekte konnten in vielen Fällen nicht erfolgreich zu Ende geführt werden. Beschrieben werden die negativen Folgen dieser Politik. „Der hohe Stellenwert der Beschäftigungssicherung“ bei politischen Entscheidungen und der Vergabe von Fördermitteln habe negative Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität gehabt – der einzige Wert, bei dem sich Brandenburg tatsächlich erkennbar von den anderen Ländern unterscheide. Dazu habe sich eine Art Subventionsmentalität entwickelt, die nicht hilfreich sei bei der wirtschaftlichen Neuorientierung, sagte Brenke. Die Wissenschaftler wiesen außerdem darauf hin, dass Brandenburg im Unterschied zu den Nachbarländern über einen beachtlichen öffentlichen, weitgehend vom Staat bestimmten Sektor verfüge.

In der Enquete-Kommission stieß dieser Befund auf erhebliche Kritik insbesondere von den Vertretern der Fraktion der Linkspartei. Die Abgeordnete Kornelia Wehlan sprach in längeren Ausführungen, die den Charakter eines kleinen Gegengutachtens hatten, davon, dass es nach 1990 zu einer Politik der „Deindustrialisierung“ gekommen sei, für die es keine klare ökonomische Begründung gebe. Entscheidend dafür seien die Einführung der westdeutschen Währung im Sommer 1990 und das Agieren der Treuhand gewesen. Sie verwandte sich gegen die „Polemik“ der Wissenschaftler zu den aus ihrer Sicht fragwürdigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Die seien im Hinblick auf die „Biographien“ der Betroffenen notwendig gewesen. Auch die SPD verteidigte insbesondere die einstigen Programme zur Weiterbeschäftigung.

Für die CDU, die Grünen und die FDP ist die Analyse nachvollziehbar und in der Beschreibung der Fehlentwicklungen auch verständlich. Der Grünen Fraktionschef Axel Vogel sagte, es werde deutlich, wie wenig Einfluss die Landespolitik letztlich tatsächlich habe. Die FDP Abgeordnete Linda Teuteberg stützte sich auf die Aussagen der Gutachter, die im Zweifelsfall stärker „auf den Markt als auf Subventionen“ setzen. Teuteberg war auch die einzige, die auf den herausragenden Stellenwert verwies, den die Berliner Wirtschaft für das Nachbarland hat. Ob und wie eine Fusion diesen Mitnahmeeffekt noch verstärken würde, wollten die Experten nicht beantworten. Aber sie verwiesen noch einmal sehr nachdrücklich darauf, dass vieles, was Brandenburg im Konvoi der ostdeutschen Bundesländer gut dastehen lässt, verbunden ist mit den Vorteilen, die sich durch Berlin ergeben. „Jeder sechste Euro, der bei Ihnen ausgegeben wird, wird in Berlin verdient“, sagte dazu Professor Ludwig.

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