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Anstoßen auf das neue Jahr.

© dapd

Das Neue Jahr: Volle Kraft zurück

Berlin findet einen prominenten Polizeichef, am neuen Flughafen sitzen die Passagiere fest– und ein Rikscha-Fahrer wird zum Helden Ein Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse des Jahres 2012.

Stand:

JANUAR
Das Jahr beginnt bei schlechtem Wetter mit der Suche nach einem neuen Justizsenator und einem neuen Polizeipräsidenten. Stellenanzeigen in den überregionalen Zeitungen erbringen die üblichen Bewerber, die entweder die beamtenrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder gerade langjährige Haftstrafen absitzen – oder beides. Ein Sprecher der Piratenpartei bringt für beide Ämter Chuck Norris ins Spiel, von dem es heißt, er könne Zwiebeln zum Weinen bringen und bekomme bei Praktiker 20 Prozent auch auf Tiernahrung. Doch der notorisch furchtlose Hollywood-Schauspieler lehnt mit der Begründung ab, er fürchte sich vor Berlin. Der Versuch, das Amt des Justizsenators im Rahmen eines Hauptseminars versuchsweise von mehreren FU-Studenten ausüben zu lassen, scheitert daran, dass sich diese nicht über die Quotierung in Männer/Frauen/Transgender sowie Biodeutsche/Migranten einigen können.

FEBRUAR
Klaus Wowereit und Frank Henkel, in der Boulevardpresse wegen ihrer demonstrativen Einträchtigkeit inzwischen auch als „Regiersenator Wonkel“ bezeichnet, stellen den Interimspolizeipräsidenten vor: Klaus Hübner, Georg Schertz, Hagen Saberschinsky und Dieter Glietsch kehren als sogenanntes „Bellheim-Projekt“ an ihren früheren Arbeitsplatz zurück und beginnen damit, sich gegenseitig die Organisationsstruktur der Berliner Polizei zu erklären. Schertz übernimmt die Zuständigkeit für Schwanenwerder, den Großen Wannsee und interne Ermittlungen, Hübner kümmert sich um den 1.Mai, und die beiden anderen teilen sich den Rest im monatlichen Wechsel.

MÄRZ
Bundeskanzlerin Merkel, die nach dem Ende des Euro wieder Zeit zum Regieren findet, stellt Berlin ein Ultimatum: Es müsse sofort ein Justizsenator gefunden werden. Nachdem ein Rechtsreferendar, der das Amt in einem Facebook-Wettbewerb gewonnen und zunächst kommissarisch ausgeübt hatte, als Mitglied der Piraten enttarnt wird, übernimmt die Bundesjustizministerin. Vormittags leitet sie als Sabine Leutheusser das Bundesministerium, nachmittags als Sabine Schnarrenberger die Berliner Verwaltung. Die bei der Suche entkräftete rot-schwarze Koalition akzeptiert die FDP-Politikerin, deren Berliner Hälfte ihre Mitgliedschaft ruhen lässt.

APRIL
Die S-Bahn verfehlt erneut weit die Pünktlichkeitsvorgaben des Senats und verkehrt auf den wichtigen Strecken nur noch mit sogenannten Halbzügen, die aus zwei Wagen bestehen. Verkehrssenator Müller erklärt daraufhin, offenbar sei die Botschaft des Senats bei der Bahn noch nicht angekommen, und kündigt für 2013 eine Teilausschreibung der Strecke Schichauweg–Blankenfelde an.

MAI
Nach dem ruhigen 1.Mai teilt Klaus Hübner mit, seine Aufgabe als Polizeipräsident sei damit beendet. Die drei Kopräsidenten können sich nicht auf eine neue Aufgabenverteilung einigen und vereinbaren ein Stechen, das auf dem Schießplatz der Polizei stattfinden soll. Saberschinsky gewinnt, tritt aber anschließend aus Altersgründen zurück, Glietsch erklärt, er habe schon lange keine Lust mehr, nur Schertz bleibt im Amt. Allerdings beschränkt er seine Zuständigkeit konsequent auf Schwanenwerder. Die Insel erhält daraufhin den Status einer Polizeidirektion und eine Nebenstelle des Landeskriminalamts, die sich mit Delikten im Segelbootverkehr sowie der Piratenbekämpfung beschäftigt.

JUNI
Der Flughafen BER in Schönefeld wird ohne Feierlichkeiten in Betrieb genommen. Der Flugbetrieb läuft problemlos an, allerdings muss die Bahn ihren Zubringerbetrieb wegen eines Kabelbrandes mit anschließendem Computerausfall komplett einstellen. Da sich im Laufe des Vormittags vor dem Terminal auch eine Massenschlägerei zwischen Taxifahrern aus Berlin und Brandenburg entwickelt, die daraufhin das Gelände fluchtartig verlassen, erreichen bald kaum noch Fluggäste den Airport, und die meisten ankommenden Passagiere müssen in der Ankunftshalle ohne Aussicht auf Abtransport abwarten. Einige Hundert machen sich zu Fuß auf den Weg nach Berlin, wo sie an der Stadtgrenze von erbosten Einwohnern mit Plakaten wie „Rollkoffer raus aus Alt-Glienicke“ empfangen werden.

JULI
Der Flugbetrieb in Schönefeld verläuft normal, allerdings kommen wegen der ungelösten Transportprobleme nach Berlin immer weniger Passagiere an. Taxifahrer aus beiden Bundesländern geraten immer wieder in massive Schlägereien, und das Bundesverwaltungsgericht ordnet auf Antrag eines ehemaligen Anwohners die vorläufige Schließung des Airport-Bahnhofs an: Im Planfeststellungsverfahren sei ein Vorkommen des seltenen Juchtenkäfers nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ein findiger Unternehmer bietet gestrandeten Reisenden den kostenlosen Transfer zum Hauptbahnhof an. Allerdings müssen sie auf seinen Bier-Bikes die ganze Strecke lang selbst in die Pedale treten und für mindestens 30 Euro Bier oder Schnaps abnehmen.

AUGUST
Air-Berlin-Chef Mehdorn mischt sich in das Chaos um den neuen Flughafen ein. Auf seine Weisung landet ein Air-Berlin-Airbus mit ihm selbst und einigen hochrangigen Vertretern des Großaktionärs Etihad an Bord – in Tegel. Dort durchbricht das Flugzeug einige rot-weiße Absperrbaken auf der stillgelegten Landebahn, tötet drei Kaninchen, ein Wildschwein und überrollt eine Holzhütte, in der die Pläne für die weitere Nutzung des Geländes zu sehen waren. Da es keine Gangway mehr gibt, müssen die Passagiere schließlich mit einer Drehleiter der Feuerwehr geborgen werden. Mehdorn sagt vor der Presse, er betrachte die Aktion als Erfolg und werde demnächst auch einen Airbus in Tempelhof landen lassen.

SEPTEMBER
Ein Rikscha-Fahrer mit zwei übergewichtigen Fluggästen bricht auf dem Adlergestell entkräftet zusammen und wird zum Mann der Stunde. „Seltsam, dass bei uns Köche, Comedians, Friseure die größeren Helden sind“, schreibt Franz-Josef Wagner in der Bild-Zeitung, „ich kann mich nicht erinnern, dass ein Rikscha-Fahrer bei Gottschalk, Jauch, Beckmann, Kerner war. Es gibt keine Bravo-Poster eines Rikscha-Fahrers, keine Homestorys von ’Gala’ und ’Bunte’. Es gibt keine Rikscha-Klingeltöne auf dem Handy.“ Wowereit und Henkel stellen ihre Dienstwagen für den Transfer von und nach Schönefeld zur Verfügung.

OKTOBER
Durch die Auflösung der FDP und den Bruch der Regierungskoalition verliert die Justizsenatorin ihre politische Heimat und erklärt ihren Rücktritt. Wowereit und Henkel versprechen, dass sie das Gehalt eines Nachfolgers aus eigener Tasche um 2500 Mark aufstocken wollen. Daraufhin melden sich Christian Ströbele und Henryk M. Broder, finden aber in den Regierungsfraktionen keine Mehrheit. Argwöhnisch registriert die SPD, dass sich in der CDU ein „Kommando Michael Braun“ gründet, das sich für eine Rückkehr des gestrauchelten Senators einsetzt.

NOVEMBER
Nach der Schließung des Flughafens BER wegen unlösbarer Transferprobleme sprechen sich Zehntausende von Demonstranten für die Wiederinbetriebnahme von Tegel und Tempelhof aus. Air-Berlin-Chef Mehdorn startet in Dubai mit Ziel Tempelhof, wird aber von Bundeswehrflugzeugen abgedrängt und landet schließlich wieder in Tegel, wo die Maschine bei der Landung die gerade neu errichtete Infohütte einreißt. Regiersenator Wonkel spricht sich für einen neuen Flughafen „irgendwo in Sachsen-Anhalt oder Sachsen“ aus.

DEZEMBER
Das Jahr der Rücktritte und Fehlbesetzungen endet versöhnlich: Der neue Berliner Justizsenator ist gefunden. Es handelt sich um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, der nach der Abschaffung seines Amtes mitteilen lässt, er fühle sich „zu jung für den Ruhestand“ und habe eine Aufgabe gesucht, die ihn in die Lage versetze, etwas von dem zurückzugeben, was ihm das Land geschenkt habe. „Zusammenhalt, Verständigung, Miteinander-Auskommen“, sagt er, all das geschehe nicht von alleine, sondern erfordere den vollen Einsatz der Menschen in der Stadt. Er bitte die Berliner um Kredit bei der Einarbeitung in das schwierige Amt. Berlin zeigt sich gestärkt und voller Tatendrang – das neue Jahr kann kommen.

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