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Große Kunst in Berlin: Die größten Eintrittskarten der Welt für das Barberini

Brandmauern als Einladungskarten: Mit zwei überdimensionalen Wandgemälden soll in Berlin für die bevorstehende Eröffnung des Potsdamer Museums Barberini geworben werden.

Berlin/Potsdam - Das weiße Rauschen liegt schon in der Luft. Noch ist die Luft klar. Und eiskalt. Aber der Schnee ist schon spürbar. Er beißt in den Fingern, kriecht in die Knochen. Kunst tut weh. Marketing auch. Vor allem hier oben auf der Hebebühne. Malte Nickau aber hat dicke Handschuhe an und findet den schneidenden Wind eigentlich o. k. Alles ist gut, solange es noch nicht schneit. Nickau ist einer der Künstler von der Streetart-Firma Graco – aber er arbeitet am Mittwoch an der Berliner Brunnenstraße, mitten in Mitte, für Potsdam. Fürs Museum Barberini, um genau zu sein, das am 23. Januar mit einer großen Ausstellung – eigentlich drei – eröffnet. „Impressionismus – Die Kunst der Landschaft“ zeigt zusammengeliehene Meisterwerke der Prämodernen Epoche, in „Klassiker der Moderne“ finden sich Arbeiten aus der Sammlung des Stifters und Museums-Gründers Hasso Plattner.

Zwei Häuser werden mit Barberini-Werken bemalt

Sie zeigen in jedem Fall: große Kunst. Damit das auch die mit großer Kunst übersättigten Berliner mitbekommen, ist das Barberini zum Guerilla-Angriff übergegangen. Und lässt zwei hochfrequentierte Orte, eben die Brandmauer in einer der letzten Baulücken der Brunnenstraße sowie eine an der Berliner East Side Gallery mit je einem Werk aus einer der beiden Schauen bemalen.

Hier, im Auf und Ab der Hebebühne, malt Nickau zusammen mit seinen Kollegen Philipp Dümcke und Marco Wachsmuth an Vassily Kandinskys „Der weiße Klang“. Oder besser: einer etwa 200 mal vergrößerten Version davon, 200 Quadratmeter nämlich ist die Brandwand groß. Und weiß ist darauf gar nichts mehr. Im Gegenteil. Dunkelgrün, Pink und Gelb leuchten da in abstrakter Dynamik, die die Musik, um die es in vielen von Kandinskys Werken geht, schon deutlich mitschwingen lässt.

Den Meister der Abstraktion abstrahiert

Die aber in dieser Vergrößerung auf die Hauswand zu bekommen gar nicht so einfach ist. „Wir haben uns eines Rasters bedient“, sagt Nickau zwar – das Bild also in Quadranten aufgeteilt und einzeln übertragen. Aber dann ist da natürlich noch die Pastosität der Farben, also ihre reliefhafte Struktur, die sich mit Ölfarbe auf Leinwand ganz gut erzeugen lässt. Mit den ganz anders gebauten Wandfarben und in dem Format aber eigentlich überhaupt nicht. „Wir haben zwar überlegt, das mit dunklen Linien und Glanzlichtern darzustellen“, sagt Nickau. Nur sah das weder richtig gut noch echt aus. Um dem Original nahe zu kommen, muss man sich eben manchmal etwas weiter davon entfernen. Wie beim Übersetzen in eine andere Sprache. „Man könnte also sagen, wir haben Kandinsky abstrahiert“, sagt Nickau und grinst verlegen. Weil es natürlich ein Witz ist – den Meister der Abstraktion zu abstrahieren. Auch wenn es irgendwie stimmt. „Ich wüsste gerne“, so Nickau, „unter welchen Bedingungen Kandinsky das gemalt hat.“ „Ich wollte nichts als Klänge bilden. Sie bildeten sich aber von selbst. Das ist die Bezeichnung des Inhalts, des Inneren. Es ist der Grund, der Boden, auf welchem allerhand, teils von selbst, teils dank der Hand des berechnenden Gärtners wuchs...“, so schrieb der 1866 in Moskau geborene Künstler in seinem Lyrik-Bild-Band „Klänge“, in dem auch „Der weiße Klang“ verewigt ist. Mit dieser Absicht jedenfalls fand er zu einer gegenstandsfreien Bildsprache – und revolutionierte so die Kunst des 20. Jahrhunderts.

Zwar lassen sich in „Der weiße Klang“ noch drei Figuren erahnen, die wahre Protagonistin ist aber die Farbe – die Farben! 48 Töne haben Nickau und sein Team aus dem Kandinsky heraus analysiert und angemischt. Und immer wieder überprüft. „Das Auge trügt einen manchmal.“ Kein Wunder, bei so vielen Variationen von Gelb, Grün und Rot. Sie alle sind die Struktur des Ganzen, der Stoff, der die Welt zusammenhält – und zugleich alles auflöst in Vielheit. Und klar: Jedes Kind weiß, dass im weißen Licht alle Farben enthalten sind. Der Farbeindruck Weiß entsteht, wenn ein Material das Licht so reflektiert, dass alle drei Zapfen, die für die Farberkennung von Blau, Grün und Rot im Auge zuständig sind, gleichermaßen gereizt werden.

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