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Einwohnerstruktur Potsdams: Die Stadt der Zugezogenen

Eine erstmalige Auswertung der Geburtsorte zeigt, dass Potsdamer von überall herkommen. Und das hat eine lange Tradition.

Stand:

Potsdam - Wenn sich drei Potsdamer treffen, dann sind zwei von ihnen nicht in der Stadt geboren – jedenfalls statistisch gesehen. Auch wenn die Stadtverwaltung erstmals die Geburtsorte der Potsdamer aus dem Einwohnerregister ausgewertet hat – ganz neu ist es nicht, dass sich an der Havel ein buntes Völkchen zusammengefunden hat. Die heutige Einwohnerstruktur der Landeshauptstadt zeigt einerseits, dass die Stadt eine große Anziehungskraft hat und knüpft andererseits an eine lange Tradition an.

So erinnert die Siedlung Nattwerder an die Einwanderer aus der Schweiz, Nowawes und die Friedrichskirche an die Böhmischen Weber, die Französische Kirche an die Aufnahme von religiös verfolgten Hugenotten aus Frankreich. Letztere kamen infolge des im Jahr 1685 vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm erlassenen Toleranzediktes nach Brandenburg. Der Zuzug trug wesentlich dazu bei, dass sich die Wirtschaft des im Dreißigjährigen Krieg stark zerstörten Kurfürstentums erholen konnte. Jahrzehnte später wurde das Holländische Viertel von Bauleuten aus den Niederlanden gebaut und zählt heute zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Potsdamer aus Brandenburg

Die Landeskinder sind unter den nicht in der Stadt geborenen Potsdamern die größte Gruppe. 27 000 Potsdamer sind in andern Kreisen und Städten der Mark Brandenburg geboren. Das sind 16,2 Prozent der Einwohner. Dabei gilt: je näher, desto mehr. Einen Geburtsort im Landkreis Potsdam-Mittelmark haben 5737 Potsdamer. Es folgen mit großem Abstand der Landkreis Teltow-Fläming mit 2871. Ähnlich viele Potsdamer sind in der Stadt Brandenburg an der Havel zur Welt gekommen (2481) sowie im Havelland (2274) und im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (2264).

Fast überall in Deutschland

Potsdamer kommen von fast überall in Deutschland. Nur im oberbayrischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm wurde kein einziger Potsdamer geboren. Aus dem ostfriesischen Landkreis Aurich kommen 48 Potsdamer – einer davon ist Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, in Potsdam jemanden zu treffen, der aus der Mitte Mecklenburg-Vorpommerns kommt: Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte sind nämlich 1479 Potsdamer geboren, bevor es sie ins ebenfalls von zahlreichen Seen geprägte Potsdam zog. Auch in der seit einigen Jahren von mehreren künstlichen Seen umgebenen sächsischen Messemetropole Leipzig sind 1415 Potsdamer zur Welt gekommen. Etwa 1000 Potsdamer kommen aus Dresden, dem Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt, aus Magdeburg, Frankfurt (Oder) und Halle(Saale).

Schwerpunkt im Osten

60 000 Potsdamer sind in einem Bundesland außerhalb Brandenburgs geboren. Bei der genauen Verteilung ist Nähe Trumpf: Ungefähr jeder zehnte Potsdamer kommt ursprünglich aus Berlin. Es folgen die Bundesländer Sachsen-Anhalt mit 9018 Personen und Sachsen mit 8977, darunter auch Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg aus Annaberg-Buchholz im Erzgebirge. 6282 Potsdamer sind in Mecklenburg-Vorpommern geboren, 4144 in Thüringen. Aus allen alten Bundesländern zusammen kommen nur 9,2 Prozent der Potsdamer, die meisten davon aus dem bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen.

Die ganze Welt in Potsdam

Europa, Asien, Afrika, Australien und Amerika – was ihre Geburtsorte angeht, kommen Potsdamer aus der ganzen Welt. 19 886 Einwohner haben einen Geburtsort außerhalb Deutschlands. Mit der Staatsangehörigkeit hat das allerdings wenig zu tun. Drei Viertel davon kamen in einem europäischen Land auf die Welt, jeder Zweite kommt aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Die größte Gruppe bilden 6134 Menschen, deren Geburtsort im heutigen Polen liegt. In 27 von 28 EU-Ländern wurden Potsdamer geboren. Lediglich die Mittelmeerinsel Malta fehlt bisher. Außerhalb der EU liegen die Geburtsorte von 1657 Potsdamern in Russland, 944 wurden in der Ukraine geboren. Knapp dahinter folgen in der Statistik 919 Potsdamer, die in Syrien geboren wurden – ihre Zahl hat im vergangenen Jahr durch den Zuzug von Flüchtlingen stark zugenommen. 432 Potsdamer wurden in Kasachstan geboren, 377 in China und 370 in Vietnam. Auf der anderen Seite des Atlantiks wurden 288 Potsdamer in den USA geboren und 111 in Brasilien. Afrikanische Wurzeln weisen laut der Statistik 3,9 Prozent der Potsdamer auf, die im Ausland geboren wurden. Dabei sind Geburtsorte in Kamerun (116) und in Nigeria (103) am häufigsten. Für die nordafrikanischen Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien, Marokko, Libyen und Mauretanien sind insgesamt 116 Personen erfasst, die heute in Potsdam leben. 64 Potsdamer wurden in Australien und Neuseeland geboren.

Allerdings stößt die Auswertung des Einwohnerregisters auch an die Grenzen, die Bürokratie und die Willkür des Staatsangehörigkeitsrechts manchmal setzen. So gelten 102 Potsdamer als staatenlos oder konnten aufgrund fehlender Angaben keinem Land zugeordnet werden. Dazu kommen weitere 438 Potsdamer, für die das Geburtsland nicht eindeutig bestimmt werden konnte. In den meisten Fällen liegen die Geburtsorte dann in Ländern, die früher einmal zur Sowjetunion gehörten oder zum ehemaligen Jugoslawien.

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