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Das Wasserhaus in Jansenville.

© privat

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Potsdamer Forscher haben ein kommunales Wasserhaus in Südafrika errichtet

Fröhlich, bunt, laut, ausgelassen – das sind die Bilder, die uns dieser Tage aus Südafrika erreichen. Sie lassen nichts von der Härte des Alltags spüren, mit der viele Bewohner zu kämpfen haben. Doch es gibt nach wie vor auch dieses Südafrika: In den Townships herrscht Armut, die Aids-Infektionsrate ist hoch, die Lebenserwartung gering. 50 Jahre alt wird ein Südafrikaner im Durchschnitt. Die Wasserversorgung ist eine Herausforderung. Gerade abseits der großen Städte ist fließendes Wasser in den eigenen vier Wänden ein Luxus. In kleinen Städten und ländlichen Gebieten holen sich die Menschen ihr Wasser oft an öffentlichen Wasserstellen. Duschen und Wassertoiletten gibt es meist nicht.

In Jansenville ist das anders. Am Rande des 5000-Einwohner-Städtchens in der Ostkap-Provinz steht seit 2009 ein besonderes Gebäude aus rotem Backstein: „Communal Waterhouse“ – kommunales Wasserhaus – steht in schwarzen Lettern an der Fassade. Das Wasserhaus ist das erste seiner Art und wurde von Konrad Soyez, Hochschullehrer für Ökotechnologie an der Universität Potsdam, in einem dreijährigen Projekt gemeinsam mit deutschen Firmen und südafrikanischen Partnern entwickelt (PNN berichteten).

Rings um das Wasserhaus stehen die typischen Township-Wohnhäuser in der kargen Landschaft: 40 Quadratmeter groß, Wellblechdach, Stromanschluss. Die Region in der Großen Karoo zählt zu den trockensten des Landes und ernährt vor allem Farmer, die Angoraziegen züchten und deren Wolle verkaufen, berichtet Marcel Kruse. Der 36-jährige Afrikawissenschaftler gehörte zum Team von Konrad Soyez und bereist seit 1994 regelmäßig den Schwarzen Kontinent – beruflich, aber auch privat. Er habe sich mit dem „Virus Afrikanus infiziert“, sagt er.

Bereits vor dem Wasserhaus gab es in Jansenville eine funktionierende Kanalisation und fließendes Wasser auf jedem Grundstück. Allerdings war die Qualität schlecht. Das schwefelwasserstoffhaltige Wasser roch und schmeckte faulig, erzählt Marcel Kruse. Kaltes Wasser wurde zur Körperpflege und zum Wäschewaschen mit Wasserkochern erwärmt.

Mit dem Wasserhaus kamen sauberes, fließend warmes Wasser, zehn Duschen, vier Wassertoiletten und ein Raum mit Becken zum Wäschewaschen in den Ort. Etwa 800 Menschen kann es mit Wasser versorgen. Und das kostenlos. Bei der Planung gingen die Potsdamer Forscher und ihre Industriepartner speziell auf die Bedürfnisse in Entwicklungsländern ein. Unabhängig von externer Strom- und Wasserversorgung soll das Wasserhaus die Lebensbedingungen der Menschen verbessern, und dabei noch Wasser und Strom sparen.

Möglich wird dies durch eine konsequente Mehrfachnutzung des Wassers und die Nutzung von Sonnenenergie. Das Wasser aus der örtlichen Leitung wird zunächst aufbereitet. Durch Belüftung wird Schwefelwasserstoff entfernt. Nach dieser Behandlung ist es zwar nach wie vor kein Trinkwasser, sei aber „von wesentlich besserer Qualität, als das Wasser vor Ort“, sagt Marcel Kruse.

Damit nicht jede Dusche zum Abhärtungstraining wird, erwärmt eine Solarthermieanlage das Wasser, das in 1500 Liter fassenden Tanks bereitgestellt wird. Von der Dusche gelangt das Wasser in die Grauwasser-Recycling-Anlage. Nach biologischer Reinigung und Belüftung wird es erneut zum Duschen und zum Wäschewaschen benutzt. Restwasser dient der Toilettenspülung. Eine Photovoltaikanlage liefert den Strom für die Pumpen. So wird im Wasserhaus nur noch die Hälfte der sonst benötigten Wassermenge verbraucht. Zudem werden etwa 100 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart.

Das Wasserhaus, das aus Mitteln des Bundes und vom südafrikanischen Forschungsministerium finanziert wurde, ist für die Menschen aus der Umgebung mehr als nur ein Ort der Hygiene. Der „Communal Room“ wird als Treffpunkt und Theaterraum genutzt. Sogar Gottesdienste werden hier abgehalten. „Es gibt noch ganz viele Ideen, wie sich das Wasserhaus in Zukunft selbst finanzieren kann“, so Marcel Kruse. Ganz oben auf der Liste stünden ein Garten, der mit Restwasser bewässert werden kann, eine Suppenküche und ein Wäscheservice.

„Wir wollten mehr, als nur das Haus hinsetzen und dann wieder nach Hause gehen“, erklärt Marcel Kruse. Das Projekt sei auf langfristige Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen angelegt. Die Deutsche Botschaft Pretoria würdigte das Haus kürzlich als „Leuchtturmprojekt“ der deutsch-südafrikanischen Zusammenarbeit. Das lässt hoffen, dass in Zukunft mehr kommunale Wasserhäuser in Südafrika geben wird. In Jansenville wird es jedenfalls viel und gern genutzt. Lediglich die Wäsche wird oft noch lieber daheim gewaschen. Woran das liegt, wird gerade untersucht. Heike Kampe

Heike Kampe

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