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Frisch restauriert: Das Grabmal des Zivilkabinettschefs Ernst Emil Illaire auf dem Sello-Friedhof, der Teil des Bornstedter Friedhofs ist.

© Manfred Thomas

Von Erhart Hohenstein: Engel vor strahlendem Blau

Sello-Familienstiftung ließ Grabmal für Zivilkabinettschef Illaire restaurieren

Bornstedt - Strahlend blau leuchtet auf dem Bornstedter Friedhof das Innere der Ädikula, der Mauernische des Grabdenkmals für Ernst Emil Illaire. Diese Farbgebung ist im zurückhaltend sandgrauen Umfeld des Sello-Friedhofs gewöhnungsbedürftig, doch wurden Reste davon bei der jetzt abgeschlossenen Restaurierung entdeckt. Also habe die Familienstiftung Hofgärtner Hermann Sello als Eigentümerin dieses Friedhofteils dem Drängen der Unteren Denkmalschutzbehörde nachgegeben und die originale Farbfassung wiederhergestellt, wie Stiftungsvorsteher Hans-Joachim von Buchka mitteilte. Der Grabengel sitzt jetzt hervorgehoben vor dem blauen, das Himmelsgewölbe symbolisierenden Hintergrund.

Die Restaurierung umfasste außerdem die Beseitigung von Feuchteschäden und eine neue Dachabdeckung. Das Grabmal wurde gereinigt, neu verputzt und erhielt einen gelblich-ockerfarbenen Ton. Abgebrochene Gliedmaßen des Sandstein-Engels wurden nach Bildvorlagen rekonstruiert. Saniert wurde auch die sich an das Illaire-Grabdenkmal anschließende östliche Pergolamauer, die Feuchtigkeitsschäden aufwies. Bedroht wurde sie zusätzlich durch eine rund 150 Jahre alte Linde, die sich an das Bauwerk anlehnte. Teilweise mussten die Mauer abgebrochen, neu gegründet und – im Bereich des Baumes schmaler –unter Verwendung des alten Materials originalgerecht wiederaufgebaut werden.

Der Begründer der Familienstiftung, Hofgärtner Hermann Ludwig Sello (1800-1876), hatte das 1842 von seiner Mutter einem Bornstedter Landwirt abgekaufte Grundstück als letzte Ruhestätte nicht allein für seine engste Verwandtschaft bestimmt, sondern auch für verschwägerte Familien sowie für Freunde geöffnet. So fand etwa der Kabinettsrat Ernst Emil lllaire (1797-1866) hier seine letzte Ruhestätte. Der politisch der liberalen Fortschrittspartei nahestehende, aber königstreue Beamte war von 1834 bis 1839 Stadtgerichtsdirektor in Potsdam und wurde dann zum Chef des Zivilkabinetts berufen. Diese Behörde, etwa mit dem heutigen Bundespräsidialamt zu vergleichen, koordinierte die Zusammenarbeit zwischen dem Staatsoberhaupt und den Ministerien. Ihr Sitz war im Großen Kabinetthaus am Grünen Gitter, das nach Jahrzehnte langer Nutzung als Gerichtsgebäude vor kurzem wieder von der Schlösserstiftung übernommen wurde. Es soll für Verwaltungszwecke ausgebaut werden. Der Kabinettschef erhielt als Wohnstätte das von Ludwig Persius 1844 bis 1846 im Parkbereich errichtete Kleine Kabinetthaus, das noch heute nach ihm Villa Illaire genannt wird. Es dient nach wie vor als Wohnhaus.

Der Zivilkabinettschef wirkte unter drei Königen – Friedrich Wilhelm III., Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. – effektiv, aber unauffällig. Deshalb wird sein politischer Einfluss oft unterschätzt. In vielen, auch neuesten Veröffentlichungen über diese Zeit wird Illaire nicht einmal erwähnt. Doch er nahm beispielsweise die Bitt- und Begnadigungsgesuche an den Monarchen entgegen und gab Empfehlungen zu deren Entscheidung. Das brachte ihn, wie der königliche Flügeladjutant Prinz Hohenlohe-Sindelfingen in seinen Memoiren berichtet, kurz vor seinem Karriere- und Lebensende ungewollt in die Öffentlichkeit. „Schmutzblätter“, so der Prinz, überhäuften den „greisen Herrn“ – Illaire war Mitte 60 – mit „Schmähungen“, er empfehle eine Begnadigung nur, wenn die Familien zuvor „hübsche junge Verwandte weiblichen Geschlechts“ zu ihm geschickt hätten. Illaire wurde jedoch ein „anerkannt makelloser Lebenswandel“ bestätigt.

So bleibt das repräsentative Grabmal auf dem Bornstedter Friedhof mit dem Engel und dem auf dem Sockel prangenden Bildnis Illaires in einem runden Marmormedaillon die hervorstechende Erinnerung an den Kabinettschef. Es wurde 1866/67 von Reinhold Persius entworfen, dem Sohn von Ludwig Persius. Der Engel, von dem Bildhauer Julius Franz (1824-1887) geschaffen, stützt die rechte Hand auf die Bibel und reckt den linken Arm nach oben zum Himmel, um die Gewissheit der Auferstehung zu symbolisieren.

Neben diesen auffälligen Arbeiten konnten noch einige kleinere Reparaturen durchgeführt werden, sagte von Buchka. So bekam der Grabengel für die im Jahr 1855 erst 15-jährig an Diphterie verstorbene Elsbeth Rosenthal die durch Astbruch abgeschlagenen betenden Hände zurück (PNN berichteten). Untersucht wurde ferner die Grabstätte des Geheimen Oberrechnungsrats Friedrich Eugen Wilckens (1779-1829) und seiner Familie; das vermutete Grabgewölbe wurde jedoch nicht gefunden. Erneuert wurde die am kirchenseitigen Eingang gelegene Abschlussmauer. In den nächsten Jahren werden allerdings weitere Sanierungsarbeiten an den Pergola-Mauern sowie an den Grabsteinen des Familienfriedhofes erforderlich, sagte von Buchka.

Ermöglicht wurden die Restaurierungen durch eine größere Zuwendung der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie Mittel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Einen weiteren Teil trug die Familienstiftung aus eigenen Mitteln und dank einer familieninternen Finanzierungszusage bei. Die Durchführung der Arbeiten lag in den Händen von Willers Architekten und Ingenieure aus Bochum. Hans-Joachim von Buchka bekräftigte, die nach der deutschen Wiedervereinigung wieder in ihre Rechte eingesetzte Sello-Stiftung werde auch in Zukunft die historische Substanz und den Charakter des Friedhofs bewahren. 2011 will sie eine Chronik insbesondere zu den Hofgärtnerfamilien Sello und Nietner unter dem Titel „Hofgärtner in Bataillonen“ veröffentlichen. Sie soll im Mai 2011 auf dem in Potsdam stattfindenden Familientag vorgestellt werden.

Erhart Hohenstein

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