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Interview mit Achille Fonkam: "Gema sollte Gebührensystem anpassen"

Er ist Songwriter und Gründer des Indie-Labels "Fonkam-Records". Von der Branchenkrise, die seit Ende der 90er andauert, hat er sich nicht verunsichern lassen. Von Google erwartet er eine faire Haltung gegenüber den Künstlern.

Die Gema hat gegenüber YouTube geklagt und zum Teil Recht bekommen. Sie habe nicht genug unternommen, um urheberrechtlich geschützte Werke zu sperren. Diesem Urteil misst man nun eine grundlegende Bedeutung für das Urheberrecht im Internet bei. Sind solche Sperren denn überhaupt sinnvoll?

Als Songwriter und Musikproduzent mit eigenem Label, bedeutet für mich Sperre selten Gutes. In Zeiten wo das Internet, besonders für kleine Produktionen, zum Hauptverbreitungsapparat mutiert ist, kann eine solche Sperre sogar ein großes Hindernis sein. Ich bin jedoch der Meinung, dass ein Milliarden-Unternehmen wie Google bereit sein sollte, für die Verwendung von Musik, Gebühren zu zahlen und dies auf gar keinen Fall auf die Nutzer der Plattform abwälzen sollte.

Ist das Gebührenmodell der Gema noch zeitgemäß und mit dem Internet kompatibel oder braucht es generell ein neues Gebührensystem rund um das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz?       

Das Internet verändert sich beinahe jeden Tag, und ebenso täglich kommen neue Nutzungsmöglichkeiten dazu. Das betrifft natürlich auch die Nutzung von Musik. Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass das Gebührensystem von der Gema angepasst wird, da scheinbar die Bedeutung von Musik sich mit der Entstehung von neuen Verwendungskanälen ständig verändert. Wichtig ist am Ende, dass das Werk eines Autors nicht an Wert verliert, nur weil es anders verwendet wird. Hier muss die Gema aktiv und mit neuen Strukturen dem Internetnutzer gerecht werden.

Würden Sie Nachwuchsmusikern raten, sich vorerst nicht bei der Gema registrieren zu lassen, um auch Videoportale wie YouTube für Eigenwerbung nutzen zu können?

Ich rate Nachwuchskünstlern in erster Linie sich gut zu informieren, was gehen würde und was nicht. Die Gema bietet schon seit Jahren die Möglichkeit, bei Bedarf Online-Verwertung optional nicht abzutreten. Bei Abschluss eines Berechtigungsvertrages mit der Gema können Autoren individuell entscheiden welche Verwertungsrechte sie an die Gema abtreten. So ist es möglich die Klausel über die Online-Verwertungsrechte einfach zu streichen.

Momentan gelten Musik-Streaming-Dienste wie Spotify, Simfy oder Napster mit monatlichen Pauschalgebühren als wichtigstes Musikvertriebsmittel der Zukunft. Können Sie dem zustimmen?

Ich kann verstehen, dass viele Experten es so sehen. Solche Portale bieten definitiv die Möglichkeit, viele unbekannte Bands zu entdecken und neue Veröffentlichungen zu verfolgen. Für mich persönlich entspricht das Streaming von Musik nicht der Art, wie ich Musik konsumieren möchte. Wie sich Streaming auf die Musikverkäufe selbst auswirkt und welcher Gewinn für Branchenteilnehmer abgeworfen wird ist nach wie vor unklar.

Es geht auch ohne große Plattenfirmen. Sehen Sie im Video, wie kleinere Plattenlabels ihre Künstler promoten:

Wie haben Sie die Krise in der Musikbranche erlebt und was muss ein Platten-Label heute tun, um erfolgreich zu sein?

Die Musikbranche war auf die Konkurrenz anderer Unterhaltungsbranchen nicht vorbereitet. Majors haben deshalb das 360° Vertragsmodell übernommen und beteiligen sich jetzt quasi an allem, wie zum Beispiel auch an den Live-Auftritten der Musiker. Ich glaube, dass das nur ein Anfang ist. Meine persönliche Überzeugung ist, dass man nur mit Qualität und glaubwürdigen Persönlichkeiten in Zukunft dagegen halten kann.

Wie kommt es, dass ein vergleichsweise kleines Label wie Fonkam-Records die Krisenzeiten der Branche überlebt, aber eine Major-Plattenfirma wie EMI, ehemals weltgrößter Musikverlag, Pleite ging?

Ich glaube, dass es auch viele kleine Labels gibt, die Pleite gegangen sind, nur spricht keiner darüber. Für große und kleine Firmen gilt meiner Meinung nach die Palette an Produkten, die man dem Publikum anbietet, genau zu überprüfen und nach Möglichkeit Menschen mit authentischen und einzigartigen Produkten zu emotionalisieren.

Worin unterscheiden sich heute noch die großen Plattenfirmen von kleineren Labels?

Kleine Labels haben im Optimalfall ein klar definiertes Profil, was für Konsumenten die Suche nach einen bestimmten Genre von Musik leichter macht. Außerdem, haben kleine Labels weniger Druck und können somit fokussierter mit ihren Künstlern arbeiten. Das tut dem Künstler gut, was für die Qualität des Endproduktes ebenfalls von Vorteil ist.

Wie viele CDs muss man heute überhaupt noch verkaufen, um sich unter den Top 10 der Charts platzieren zu können?

Man kann diese Frage nicht pauschal beantworten, denn es ist jede Woche anders. Es hängt immer davon ab, wer gerade mit welchem Produkt auf dem Markt erscheint. Wenn man das Pech hat und zur selben Zeit wie viele international bekannte Künstler seine CD veröffentlicht, kann man trotz guter Verkaufszahlen, nicht gut platziert sein. Wichtiger noch ist von dem was man tut, überzeugt zu sein und vor allem ganz viel Geduld mitzubringen.

Wie verdient ein Musiker dann heute sein Geld?

Was in den Jahren nicht abgenommen hat, ist die Begeisterung für Live-Musik. Also, viel Live spielen und daraus die Haupteinnahmequelle machen!

Zur Person: Achille Fonkam, dessen Wurzeln in Kamerun liegen, kommt aus Paris und wohnt seit zwölf Jahren in Hamburg. Ursprünglich kam er, um an der Fachhochschule Hamburg Medientechnik zu studieren. Nach dem Vordiplom entschloss er sich, sich auf seine große Leidenschaft, die Musik, zu konzentrieren. Seither hat er für Künstler wie Ayo, Nneka, Yvonne Catterfeld oder Cassandra Steen produziert. Heute betreibt er ein eigenes Label und hat ein kleines Tonstudio im beliebten Stadtteil Hamburg-Eimsbüttel.

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