ZUR PERSON: Griechen entdecken Sanssouci
Schlösserstiftung-Marketingchef Tilmann von Stockhausen: Besucherzahlen wieder im Aufwind
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Um vier Wochen verlängert wird in diesem Jahr die Saison in Sanssouci, in der auch die Sommerschlösser geöffnet sind. Sie beginnt bereits am 1. Mai statt wie üblich am 15. und endet erst am 31. Oktober. Gemeinsam mit dem Schlossmanagement und der Servicegesellschaft „Fridericus“ habe man dafür die personellen Voraussetzungen geschaffen, erklärte der Marketingleiter der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Tilmann von Stockhausen, im PNN-Interview. Die Saisonverlängerung ist eine der Maßnahmen, um den rückläufigen Trend bei den Besucherzahlen umzukehren.
Herr von Stockhausen, im Vorjahr erlebte der Gruppentourismus, vor allem zur Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft, einen Einbruch. Wie ist die Situation vor dem Saisonbeginn 2007?
Wir haben in der Vorsaison im Gruppentourismus gegenüber 2006 bereits ein Plus von 18 Prozent. Vor allem aus Griechenland, Spanien und Italien ist die Zahl der Gruppen teils um ein Mehrfaches gestiegen. Darauf müssen wir mit mehr Führungen in den südeuropäischen Sprachen reagieren. Die Anmeldungen lassen auf eine Fortsetzung dieses positiven Trends hoffen. Das trifft auch auf die Gruppen aus den Niederlanden, Österreich und der Schweiz zu, aus denen die Mehrzahl unserer ausländischen Gäste kommt. Ausgezahlt hat sich dabei unsere enge Zusammenarbeit mit dem Potsdam Tourismus Service. Auf Tourismusmessen, so in Wien und Birmingham, haben wir gemeinsam für einen Besuch der Schlösser und Gärten geworben. Im Mai werden rund 1500 Reiseveranstalter, die zum German Travel Mart kommen, mit unserer Unterstützung zu einer Schiffsfahrt nach Potsdam eingeladen. In der S-Bahnzeitung „Punkt 3“ gestalten wir jetzt regelmäßig eine „Schlösserseite“. Durch Flyer in Hotels und auf Bahnhöfen wollen wir Berlin-Touristen noch stärker ermuntern, auch Potsdam aufzusuchen – möglichst nicht nur für ein paar Stunden, sondern für einen ganzen Tag.
Da werden Ihre Berliner Kollegen nicht begeistert sein ...
Wieso? Berlin wuchert in seiner Werbung ja auch mit dem Pfund Sanssouci.
Ein Anstieg im Gruppentourismus – dann wird der Individualtourist im Sommer gar nicht mehr ins Schloss Sanssouci kommen.
Dem muss ich widersprechen. Die Kontingentaufteilung bleibt wie bisher. Mit der Einführung von Audioguides für das Weinbergschloss wollen wir sogar etwas mehr Spielraum für Einzelbesucher schaffen. Dies ist allerdings erst für die Saison 2008 möglich. Außerdem möchte ich auf die zahlreichen anderen attraktiven Schlösser hinweisen, die einen Besuch in Potsdam lohnenswert machen.
Befürchten Sie nicht, dass die Erhöhung der Eintrittspreise für verschiedene Schlösser zu einem Besucherrückgang führt?
Da müssen wir die Saison abwarten, stoßen aber bisher überwiegend auf Verständnis. Zum Erhalt und zur Pflege der Welterbestätten ist die Stiftung auf höhere Eigeneinnahmen angewiesen. Außerdem haben wir nicht schlechthin Preise angehoben, sondern unterbreiten beispielsweise mit der Jahreskarte zu 50 Euro auch günstige neue Angebote.
Für die Eigeneinnahmen sind Sponsoring und Fundraising (Spendensammeln) von Bedeutung. Wie kommen Sie dabei voran?
Die dafür eingesetzte Mitarbeiterin hat eine andere verantwortungsvolle Aufgabe innerhalb der Stiftung übernommen, wir mussten deshalb die Stelle neu ausschreiben. Die Spendenbereitschaft ist jedoch ungebrochen. Zugenommen hat das Interesse wohlhabender älterer Menschen ohne Erben, ihr Vermögen zu stiften. Um auch solche Angebote annehmen zu können, bereiten wir als rechtliche Grundlage die Gründung einer zusätzlichen Stiftung vor, die diese Überschreibungen verwaltet.
Individualtouristen fordern ausreichende Informationen, Einkehrmöglichkeiten, eine gute Erreichbarkeit mit dem Nahverkehr – was tut sich auf diesem Gebieten?
Im Mai will der Stiftungsrat über den von der Generaldirektion vorgelegten Masterplan beraten, der Lösungen auch für diese Probleme vorsieht. Wir brauchen an der Historischen Mühle und am Neuen Palais moderne, leistungsfähige Besucherzentren, die mit gastronomischen Einrichtungen verbunden werden können. Deren Finanzierung kann die Stiftung nicht selbst schultern, dafür sollen Investoren gewonnen werden. Ich bin überzeugt, dass uns dies mit dem einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung gelingt. Die Überarbeitung und Neuherausgabe von Informationsschriften wird fortgesetzt. In der blauen Reihe erscheint erstmals ein Führer zur Pfaueninsel und Schloss Glienicke, überarbeitet werden sie für Rheinsberg, Babelsberg, die Bildergalerie und den Park Sanssouci. Die neu entwickelten Karten für den Freiwilligen Parkeintritt im Neuen Garten und Babelsberg wurden mit Parkplänen und Routenempfehlungen ausgestattet. Auch über die fünf märkischen Schlösser Rheinsberg, Paretz, Caputh, Oranienburg und Königs Wusterhausen ist ein neuer Prospekt herausgegeben worden. Mit Kunstverlagen kooperieren wir bei der Herausgabe anspruchsvoller Bestands- und Ausstellungskataloge, in diesem Jahr zu den Möbeln Friedrich Wilhelms IV. und zur Antikensammlung der Stiftung. Was den öffentlichen Nahverkehr betrifft, ist eine neue Schiffsanlegestege am Babelsberger Park vorgesehen. Die Idee einer Ringbuslinie um den Park Sanssouci halte ich weiterhin für sinnvoll, zunächst wird aber in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Verkehrbetrieb die Information auf der Schlösserlinie 695 verbessert.
Im Veranstaltungs- und Ausstellungsplan der Stiftung finden sich interessante Ankündigungen, so zu Aktionen für Kinder und zum Jahresthema des Kulturlandes Brandenburg „Faszination Wasser“. Man gewinnt aber den Eindruck, dass dabei Potsdam gegenüber Berlin-Charlottenburg ins Hintertreffen geraten ist.
Das sehe ich nicht so. Bei den Kinderveranstaltungen ist Sanssouci unter anderem mit dem ungemein beliebten Schlossdrachen Fauch, der durchs Neue Palais führt, und dem Rundgang „Wasser, Nixen und Fontainen“ vertreten. Außerdem zeigen wir in den Römischen Bädern zwei Ausstellungen. Wir können aber nicht die Augen davor verschließen, dass in Charlottenburg Ausstellungsräume ausgebaut worden sind und die Millionenstadt Berlin naturgemäß ein weitaus höheres Besucherpotenzial aufweist als Potsdam.
Interview Erhart Hohenstein
Dr. Tilmann von Stockhausen ist seit Anfang 2005 Marketingchef der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Er ist gebürtiger Schleswiger, promovierter Kunsthistoriker und war zuvor in Dresden tätig. Schon kurz nach seinem Amtsantritt hat von Stockhausen sich unter anderem zum Ziel gesetzt, das „starke Interesse der Südeuropäer an Kulturreisen“ mehr zu nutzen – was bisher offenbar erfolgreich verläuft – ebenso wie die Reiselust der Engländer. Von Stockhausen ist der erste Marketingchef der Schlösserstiftung, denn eine solche Abteilung gab es zuvor dort nicht. PNN
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