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Das idyllisch gelegene Holzhäuschen von John Heartfield am Steilufer des Däbersees in der Märkischen Schweiz ist an den Wochenenden für Besucher geöffnet.

© Michael Urban/ddp

Von Bernd Kluge: HAUS SCHÖNOW]Erinnerungen an John Heartfield

HAUS SCHÖNOW]Sommerhäuschen des Begründers der politischen Fotomontage öffnet für Besucher

Waldsieversdorf - Das idyllisch gelegene Holzhäuschen am Steilufer des Däbersees in Waldsieversdorf in der Märkischen Schweiz wirkt verwaist. Der einstige brandenburgische Sommersitz von John Heartfield (1891-1968), der mit seinen politischen Fotomontagen berühmt wurde, ist heruntergekommen und marode. „Das soll jedoch nicht so bleiben“, versichert der Vorsitzende des ortsansässigen John-Heartfield-Freundeskreises, Manfred Werner. Seit Samstag ist das Gebäude an den Wochenenden erstmals für Besucher geöffnet, wie die Berliner Galeristin und künstlerische Leiterin des neuen Museums, Anke Zeisler, ankündigt.

Die gebürtige Waldsieversdorferin hat sich für das erste Veranstaltungsjahr viel vorgenommen. Das ehemalige Kaminzimmer des Häuschens wurde zum Heartfield-Kabinett. „Hier werden kleine, wechselnde Ausstellungen aus dem Fundus des Künstlers gezeigt. Einmal geht es um seinen Bezug zu Brecht, ein anderes Mal um seine Arbeiten für die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung“, sagt Zeisler. Heartfields Schreibtisch findet hier ebenso seinen Platz, wie das asiatische Kinderspielzeug, das er von seinen Auslandsreisen mitbrachte. Wie zu Lebzeiten des Künstlers dekoriert diese Sammlung erneut die großen gläsernen Fenstervitrinen des Zimmers. Die zwei anderen Räume werden für wechselnde Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern genutzt, „die in irgendeiner Weise einen Bezug zu Heartfield haben“, erläutert die Kunstwissenschaftlerin. Zum Auftakt werden ab Samstag Plakate und Postkarten von Klaus Staeck, dem Präsidenten der Akademie der Künste Berlin, gezeigt. Sie erinnern in ihrer Gestaltung stark an Heartfields Fotomontagen. Insgesamt 8000 Euro Fördermittel stellte das Brandenburger Kulturministerium für die erste Saison im Heartfield-Haus zur Verfügung.

Die bekanntesten Fotomontagen des 1968 verstorbenen Künstlers sowie ein Teil des Sommerhäuschen-Inventars waren in den vergangenen Jahren in der alten Schule von Waldsieversdorf zu sehen, die inzwischen zu einem Ausstellungszentrum umgestaltet wurde. „Jetzt sind wir endlich am authentischen Ort“, sagt Zeisler. Der jahrelange Stillstand habe zumindest dafür gesorgt, dass „alles erhalten ist, wie es zu Heartfields Lebzeiten war“, fügt sie hinzu.

Lediglich die Sanitäranlagen, der Eingangsbereich und der verwilderte Garten wurden nach Angaben von Werner vor der Museumsöffnung von Mitgliedern des Freundeskreises erneuert oder auf Vordermann gebracht. Für rund 120 000 Euro soll das Anwesen, das seit 1999 unter Denkmalschutz steht, dann vor der nächsten Saison komplett saniert werden.

Fördermittel habe die Gemeindevertretung gerade beim Land beantragt, sagt Bürgermeister Holger Landsmann (parteilos). Rund 44 000 Euro Eigenmittel stellt die Gemeinde seinen Angaben zufolge bereit. „Das war eine schwierige Geburt - denn das Geld hätte man auch in anderen Bereichen gut gebrauchen können“, erinnert sich Werner, der bis zur Kommunalwahl im Herbst 2008 über Jahre Bürgermeister in Waldsieversdorf war.

Ein Rechtsstreit um das 2400 Quadratmeter große Seegrundstück hatte zuvor über Jahre jegliche Nutzung des Künstler-Sommersitzes verhindert. Seit dem vergangenen Jahr ist das juristische Tauziehen vorbei, die Erben des per Bodenreform enteigneten Grafen von Flemming unterlagen vor Gericht dem Land Brandenburg als Rechtsnachfolger der Immobilie. Die Gemeinde Waldsieversdorf kaufte das Heartfield-Anwesen und bemüht sich seitdem um ein würdevolles Erinnern an den berühmten zeitweiligen Bewohner des Ortes.

Der sei hier längst nicht vergessen, versichert Werner. Viele ältere Leute hätten Heartfield noch persönlich kennengelernt. „Der hatte keine Berührungsängste, spazierte mit seinem Dackel durchs Dorf oder trank in der Konsum-Kneipe ein Bier“, berichtet Werner. Die Resonanz auf eine „Test“-Ausstellung für einen Tag habe im vergangenen Jahr bewiesen, dass Heartfield auch außerhalb von Waldsieversdorf bekannt sei und sich viele Künstler von ihm inspirieren ließen. „Seine Werke sind bis heute aktuell, aber bisher nicht so öffentlich gemacht worden. Deswegen stößt man damit auf so reges Interesse“, ist Museumsleiterin Zeisler überzeugt.

Bernd Kluge

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