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Homepage: Indien in der Zangenbewegung

Indische und europäische Klimaexperten vereinbarten in Potsdam enge Zusammenarbeit. Schwellenländer können vom globalen Emissionshandel und Technologietransfer profitieren

Erstmals in der Geschichte der Klimaschutzpolitik wird es eine enge Zusammenarbeit zwischen Indien und Europa geben. Das sagte Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), zum Abschluss eines mehrtägigen Klimadialogs in Potsdam. Indische Energie- und Klimaschutz-Experten diskutierten mit EU-Beratern und Wissenschaftlern des PIK über Technologie-Transfer und die Möglichkeiten eines Emissionshandelssystems für Indien. Im Ergebnis sei die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe beschlossen worden, sagte Schellnhuber, der auch Mitglied der Beratergruppe von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist. Barroso selbst hatte den Klimadialog in der vergangenen Woche im Schlosshotel Cecilienhof eröffnet.

Die neue Arbeitsgruppe von indischen Fachleuten und Wissenschaftlern aus ganz Europa müsse gezielt auf Probleme eingehen, die der Anpassung Indiens an den Klimawandel noch im Weg stehen, erklärte Schellnhuber. Indien befinde sich derzeit in einer Zangenbewegung, so der Klimaexperte. Das Land geriete zunehmend unter Druck durch den ansteigenden Meeresspiegel, aber auch durch die Gletscher, die im Himalaya immer schneller schmelzen würden, warnte Schellnhuber. Deshalb brauche Indien vor allem Hilfe, erneuerbare Energien schneller und gezielter einsetzen zu können, erklärte der Physiker.

Nicht nur Indien werde von einem intensivierten Austausch profitieren, sagte Susanne Kadner, Referentin für Klimapolitik und Nachhaltigkeit am PIK. Auch die Europäer könnten viel von Indien lernen, schließlich sei Indien eines der führenden Länder in der Informationstechnologie, so Kadner. „Auf diesem Gebiet könnte es eine hervorragende Zusammenarbeit geben“, betonte sie und erklärte, dass es in den jetzt anstehenden Projekten nicht darum gehe, Entwicklungshilfe zu leisten, sondern eine langfristige Partnerschaft zwischen Europa und Indien zu entwickeln.

Während des Treffens sei zum ersten Mal eine konkrete Bereitschaft Indiens deutlich geworden, sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen, sagte Schellnhuber. „Indien ist ein Vorbild für andere Länder.“ Vor allem aber sei Indien das erste Schwellenland, das sich konkret für den Emissionshandel interessiere, erklärte Schellnhuber. Europa könne nun seine Erfahrungen mit dem Handel von CO2-Emissionszertifikaten einbringen. In Zukunft müsse geklärt werden, wie sich der Emissionshandel auf globaler Ebene gestalten lasse, so Schellnhuber.

Immerhin könnten Länder wie Indien aufgrund des niedrigen CO22-Verbrauchs pro Kopf Ressourcen gewinnen, mit denen sich nachhaltige Umweltschutzmaßnahmen und technologisch anspruchsvolle Großprojekte finanzieren ließen. Andererseits könnten westliche Konzerne, die bereits heute auf erneuerbare Energien setzen und entsprechende Technologien entwickelt haben, interessante Wirtschaftskontakte zu Indien und anderen Ländern knüpfen.

Der Klimawandel stelle Unternehmen nicht nur vor große Herausforderungen, sondern biete ihnen auch Gelegenheit, sich frühzeitig auf einem Zukunftsmarkt zu etablieren. „Die Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkennen und ihre Wirtschaftsweise nachhaltig ausrichten, werden zu den Gewinnern des globalen Wandels gehören“, sagte Schellnhuber, der am vergangenen Montag in Stuttgart mit dem Umweltpreis des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management B.A.U.M. ausgezeichnet wurde. Die Umweltinitiative der Wirtschaft würdigte damit Schellhubers Engagement in der Klimafolgenforschung. Er habe deren Bedeutung im Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Politik verankert, so wie jetzt beim Treffen mit indischen Klimaexperten in Potsdam.

Susanna Maier

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