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Sporthelden in Potsdam geehrt: Roter Teppich für olympisches Gold

Potsdam beginnt sich seiner sportlichen Helden zu erinnern. Auf eine Fotoausstellung in den Bahnhofspassagen soll ein "Walk of Fame" im Luftschiffhafen folgen.

Potsdam - Der Karikaturist und Grafiker Harald Kretzschmar plant ein neues Buch. Schon einmal hat der Kleinmachnower Künstler eine Sammlung über Persönlichkeiten seines Heimatortes veröffentlicht, die in Vergessenheit geraten sind. Es gebe noch viel mehr zu erzählen, meinte der 84-Jährige am Montagabend in den Bahnhofspassagen am Rande der Ausstellungseröffnung „Olympisches Gold für Potsdam – Walk of Fame des Sports“. So wisse kaum jemand, dass die achtfache Kanu-Olympiasiegerin Birgit Fischer 25 Jahre lang in Kleinmachnow lebte. „Nicht mal der Bürgermeister weiß das“, behauptet Kretzschmar.

Das fehlende Wissen um die sportliche Prominenz in ihrer Stadt haben Kleinmachnow und Potsdam gemeinsam – bislang. Denn die Landeshauptstadt ist bemüht, ihren olympischen Helden einen „roten Teppich“ auszurollen, wie es ihre Presse- und Marketingabteilung formuliert.

Erinnerung an die Goldmedaillengewinner aus Potsdam

Der rote Teppich ist eine Ausstellung des Potsdamer und international anerkannten Fotografen Eberhard Thonfeld, der mit Aufnahmen im Moment des olympischen Triumphes oder aktuellen Porträtfotos Potsdamer Goldmedaillengewinner zurück in Erinnerung bringt. 52 Aufnahmen sind es. „So ein Bild ist zwar immer nur eine Momentaufnahme, aber es steckt eine Geschichte dahinter“, sagt Thonfeld.

In Potsdam drohte diese zu verblassen: Anders als in anderen Städten gibt es in der sogenannten Sportstadt keinen Hinweis auf die einzigartige Sammlung an olympischem Medaillenglanz, die der Langstreckenläufer Hans Grodotzki 1960 in Rom begründete. Es sind Geschichten wie sie am Montagabend Lutz Henrich erzählte, die sich mit den Erfolgen der Potsdamer Olympioniken verbinden und bisher unerhört sind. Am Montagabend erinnerte sich Henrich, heute Vorsitzender des Stadtsportbundes, an den 6. September 1960, als er als damaliger Drittklässler auf dem Heimweg in Babelsberg vor dem Schaufenster eines Rundfunk- und Fernsehladens eine Menschentraube sah, die gebannt auf einen Schwarz-weiß-Bildschirm starrte. „Ich hatte damals keine Ahnung von Sport“, erzählte Henrich. „Aber als die Leute Beifall klatschten, wurde mir klar, dass etwas Besonderes passiert sein musste.“ Der „blonde Hans“, wie Grodotzki wegen seiner blonden Haare genannt wurde, war in diesem Moment Olympiazweiter über 10 000 Meter geworden. Vier Tage zuvor hatte er Silber über 5000 Meter gewonnen – Vierter wurde der Potsdamer Friedrich Jahnke. „Als ich zurückkam, gab es Empfänge, die sich heute keiner mehr vorstellen kann“, erinnert sich der inzwischen 79-jährige Grodotzki, der ein Schützling der legendären Potsdamer Laufschule von Trainer Curd Eins war. Als Grodotzki damals auf der Heimreise in den Harz am Erfurter Bahnhof ankam, warteten dort 15 000 Menschen, in den Dörfern jubelten die Einwohner am Straßenrand, „während ich im offenen Auto vorbeifuhr“, erzählt Grodotzki.

Warum werden Sportler nicht in Potsdam geehrt?

In seinem Gedächtnis ist diese Begeisterung geblieben. In der Stadt Potsdam gibt es genauso wenig ein Zeugnis vom Ruder-Gold der Landvoigt-Brüder, vom Olympiasieg von Kugelstoßer Udo Beyer oder dem einmaligen Turn-Triumph von Holger Behrendt an den Ringen. „In der Anerkennung sportlicher Leistung tut sich die Stadt schwer“, bedauert der Kanu-Olympiasieger und amtierende Weltmeister Sebastian Brendel in einem Filmbeitrag, den Schülerinnen der Potsdamer Sportschule gedreht haben. Das Video gehört zu dem Projekt, aus dem die Fotoausstellung sowie ein Walk of Fame hervorgehen, der bis Ende des Jahres im Sportpark Luftschiffhafen entstehen soll. Die jungen Fußballerinnen fragten sich nach einer USA-Reise, wo sie überall an Highschools und Universitäten Huldigungen erfolgreicher Athleten sahen, warum es so etwas nicht in Potsdam gibt. Aus ihrer Frage entstand die Idee für einen „Walk of Fame“, der mit Hilfe der Luftschiffhafen GmbH nun umgesetzt werden soll – eine Reihe von Stelen, die in der Chronologie der Olympischen Spiele über die Potsdamer Medaillengewinner informieren.

Lange auf die Ehrung gewartet

Während Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Montagabend in einem Saal des UCI-Kinos gegenüber den eingeladenen Olympiasiegern gestand, dass er nicht annähernd auf die Zahl 52 gekommen wäre, begutachtete eine Etage tiefer in der Bahnhofspassage Axel Geers die Fotos der Ruderer, Schwimmer, Kanuten oder Bobfahrer. „Viele kenne ich“, sagt der Potsdamer und meint: „Birgit Fischer würde ich auch im Dunkeln erkennen.“ Der 52-Jährige entpuppt sich als wahrer Sportexperte und erzählt von einem Urlaub in Kanada, wo er im Olympiapark von Calgary die Namen aller Medaillengewinner der Winterspiele von 1988 habe nachlesen können.

Dass auch die Landeshauptstadt nun die Namen ihrer Sporthelden verewigen will, nennt Geers eine super Idee, während Geher-Olympiasieger Peter Frenkel eine Etage höher im Kinosaal nicht umhin kommt zu betonen: „Wir haben lange darauf gewartet.“

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