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Pfadfinder. Komoot-Geschäftsführer Markus Hallermann sucht mithilfe seiner App nach Radwegen in Potsdam. Komoot schlägt nicht den schnellsten, sondern den schönsten Weg vor.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Schön statt schnell

Der in Potsdam entwickelte Routenplaner Komoot ist Deutschlands beliebteste Outdoor-App

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Wer bei Urlaubs-Ausflügen schon mal stundenlang durchs Gestrüpp gestampft ist, weiß, welch ein Segen ein ortskundiger Führer ist. Einer, der malerische Strecken kennt, den Weg zu Aussichtspunkten weiß und einem verrät, bis wohin der Radweg geht und wo der Kiesweg anfängt. So etwas wünschten sich vor vier Jahren auch drei Wander- und Fahrrad-begeisterte Akademiker – und erfanden eine Smartphone-App, die genau das tut. „Komoot ist so etwas wie Google für schöne Wege“, beschreibt es der Österreicher Markus Hallermann, Geschäftsführer der Komoot GmbH.

Damit scheint das Potsdamer Startup eine echte Marktlücke entdeckt zu haben: Derzeit ist Komoot die erfolgreichste deutsche App für Outdoor-Aktivitäten. Noch dieses Jahr werde man die Zahl von zwei Millionen Downloads überschreiten, ist sich Hallermann sicher. Bislang beschränkte sich das Angebot auf Deutschland, Österreich und die Schweiz, doch seit August können Reisende auch in Großbritannien, Irland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Dänemark, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Polen, Tschechien, Slowenien und Kroatien nach reizvollen Wander- und Radwegen suchen. Die App selbst ist kostenlos, bezahlen muss man nur für das Hinzufügen neuer Regional-Karten à 3,59 Euro.

Ausflüge spontan vor Ort zu starten, ohne vorher lange Reiseführer und Wanderkarten zu studieren, ist die Grundidee von Komoot. „Sagen wir mal, ich möchte von Potsdam nach Berlin radeln“, sagt Hallermann und tippt Start und Ziel in sein Smartphone. Die App will wissen, ob man zu Fuß, mit normalem Fahrrad, Rennrad oder Mountainbike unterwegs ist – Rennradfahrern werden natürlich keine Waldpfade vorgeschlagen. Hallermann entscheidet sich für ein normales Rad und gibt als Fitness-Grad „durchschnittlich“ an. Eine Karte mit einer Radstrecke durch den Grunewald erscheint, entlang des Weges sind diverse Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten angezeigt. „Okay, dann fahre ich bis zum Teufelsberg und wieder zurück“, sagt Hallermann, der früher Rennrad-Wettrennen gefahren ist. Die Strecke verändert sich kurz, 44,3 Kilometer und zweieinhalb Stunden ist die Tour nun lang. „48 Prozent gepflastert, 37 Prozent Asphalt, elf Prozent ungepflastert, ein Prozent Pflastersteine“, analysiert das Programm. Auf Wunsch lassen sich auch noch Restaurants, Hotels oder Museen anzeigen. „Jetzt kann man das Internet ausschalten“, sagt Hallermann, „die Informationen und die Karten werden gespeichert und können auch ohne Netz abgerufen werden.“

Klingt eigentlich ganz einfach – doch vor einigen Jahren gab es nichts Derartiges auf dem Markt. „Wir hatten erwartet, dass uns GPS-Geräte zeigen können, wo man gut wandern kann“, sagt Hallermann, „aber das ging nicht.“ Das Ur-Team von Komoot setzte sich zusammen aus dem Physiker Hallermann, dem Informatiker Jonas Spengler sowie Hallermanns Bruder Tobias,einem Maschinenbauer. Bei einer Tour durch das Allgäu im Jahr 2009 kam den Österreichern die Idee zu Komoot. 2010 erfolgte die Gründung mit sechs Mitarbeitern in Potsdam, da das Startup eine Förderung des brandenburgischen Frühphasenfonds bekam.

Die heute 15 Mitarbeiter von Komoot haben sich gut in der Landeshauptstadt eingelebt: Hallermann gefällt nicht nur der traumhafte Ausblick über die Havel, den man von den Komoot-Büros in der ehemaligen Speicherstadt hat, sondern auch die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam: „Es gibt einen regen Austausch mit dem Interaction-Design-Lab“, so der 31-jährige Geschäftsführer.

Am Anfang sah die App noch anders aus, zum Beispiel gab es keine Sprachnavigation. Nun werden die Nutzer verbal durchs Gelände gelotst: „Wir sind die einzigen, die Sprachnavigation im Wald anbieten“, sagt Hallermann, „das Smartphone sagt dann zum Beispiel: ‚In 300 Metern auf den schmalen Kiesweg abbiegen'. Man muss nicht mal raufgucken, sondern kann sich einfach führen lassen.“ Das Entscheidende sei jedoch, dass die App nicht die schnellste oder kürzeste, sondern die schönste Strecke heraussucht.

Um an Informationen über landschaftlich schöne Routen und Ausflugsziele heranzukommen, hat das Komoot-Team mitnichten sämtliche Wanderkarten Deutschlands analysiert: Mithilfe von Algorithmen wurden Millionen von Datensätzen von Wikipedia, der NASA oder dem Kartenprojekt Open-Streetmap ausgewertet. Weitere Verbesserungen ergeben sich durch die Nutzer der App selbst: Wird eine Tour digital gespeichert, wertet Komoot automatisch aus, welche Routen und Sehenswürdigkeiten besonders häufig angesteuert wurden. Dieser werden künftigen Nutzern dann vorgeschlagen.

„Wir wollen die Nutzer einfach von allen mühsamen Dingen eines Ausflugs befreien“, sagt Hallermann. Dafür steht die Firma mit ihrem Namen. „Komoot“ ist nämlich eine schweizerische Dialekt-Schreibweise für das Wort „kommod“, also „einfach und bequem“.

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