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Wohnungen sind knapp in Potsdam.

© Manfred Thomas

Potsdamer Baupolitik: „Stadtspuren“ greift an

Nach dem Beschluss, Wohnungsbauinvestoren an den Kosten für Planung und Infrastruktur zu beteiligen, reagiert Potsdams Wohnungswirtschaft mit ungewohnt scharfer Kritik an den Stadtverordneten. Es sei „Schwachsinn, irgendwelche Postulate rauszuhauen, ohne die Folgen zu bedenken“, wetterte Ulf Hahn, Vorstand der Genossenschaft „Karl Marx“, am Freitag

Von Peer Straube

Pro-Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal, sonst eher ein Mann der leisen Töne, sprach bei einem Pressegespräch des Arbeitskreises „Stadtspuren“ gar von einer „Neubaubesteuerung“.

Grund für den geballten Zorn der hiesigen Wohnungswirtschaft ist ein Beschluss, den die Stadtverordneten am Mittwoch auf Antrag der SPD gefasst haben. Danach sollen Wohnungsbauinvestoren künftig die Kosten für die Bauleitplanung, die Erschließung und Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft komplett übernehmen sowie alle öffentlichen Flächen des jeweiligen Projekts, etwa Straßen, Grün- und Spielflächen, kostenlos an die Stadt abtreten. Mit dem Beschluss würden die ohnehin bereits hohen Wohnkosten in Potsdam weiter steigen, kritisierte „Stadtspuren“- Sprecher Carsten Hagenau. Er vermisse bei den Stadtverordneten „eine gewisse Ernsthaftigkeit beim Umgang mit dem Thema“. Einerseits beauftrage die Stadtpolitik das Rathaus damit, ein wohnungspolitisches Konzept zu erarbeiten, um die Wohnkosten zu senken und sorge dann dafür, dass diese weiter steigen. „Das ist ein Widerspruch in sich.“ Die Wohnungswirtschaft sei vorab nicht einmal angehört worden, sagte Hahn und warnte vor den sozialen Folgen des Beschlusses. Steigende Baukosten zögen höhere Mieten nach sich.

Die „Stadtspuren“-Unternehmen, zu denen die Pro Potsdam, die wichtigsten Genossenschaften und das Studentenwerk gehören, stellen mit knapp 32 000 mehr als ein Drittel der 84 000 Wohnungen in Potsdam. Hagenau betonte, dass „Stadtspuren“-Mieter deutlich günstiger wohnten als andere: Die Durchschnittsmiete liege netto kalt bei 5,16 Euro pro Quadratmeter – das sind zwei Euro weniger als die Durchschnittsmiete aller Potsdamer Wohnungen.

Das Wohnungsproblem könnten die „Stadtspuren“-Unternehmen nicht lösen, sagte Hagenau. Würde die Aufgabe, jährlich 1000 Wohnungen zu bauen, nur vom Arbeitskreis gestemmt, müsste dafür jeder Bestandsmieter mitbezahlen: Für den Mieter einer 62-Quadratmeter-Wohnung bedeutete dies eine jährliche finanzielle Mehrbelastung von fast 1150 Euro. Ein Drittel der „Stadtspuren“-Wohnungen seien zudem noch unsaniert – deren Modernisierung sei die vordringlichste Aufgabe, nicht der Neubau.

87 Millionen Euro will der Arbeitskreis in diesem Jahr investieren – acht Millionen Euro mehr als 2011. 64 Neubauwohnungen werden fertig, für weitere 180 soll Baustart sein. 1284 Wohnungen werden saniert, darunter der Wohnblock des Studentenwerks in der Breiten Straße 15-21 und drei Blöcke der „Karl Marx“ in der Galileistraße 41-43 sowie im Niels- Bohr-Ring 1-7 und 9-15. Die PWG 1956 beginnt mit dem Lückenschluss in der Stiftstraße 7. Dort entsteht ein Sechsgeschosser mit 20 Wohnungen. P. Straube

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