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Schlössernacht in Potsdam: Verzaubert und enttäuscht

Die Schlössernacht zeigt in ihrer 13. Auflage erste Verschleißerscheinungen

Von Peer Straube

Sanssouci - Das schönste Bild bot sich nachts um zwei. Schloss Sanssouci und der Weinberg, menschenleer, prachtvoll angestrahlt – steingewordener Traum, ein Anblick wie aus dem Märchen und einer, für den man weit reisen würde.

Es sind diese Momente, die den Zauber einer jeden Schlössernacht ausmachen und er wirkt auch in der 13. Auflage noch. Illuminierte Parkwege, die den Blick nach jeder Biegung auf immer neue architektonische Herrlichkeiten freigeben, immer mal wieder ein Flötist oder Geigespieler am Wegesrand, anmutige Klänge gen Himmel schickend. „Fantastisch“ und „überwältigend“ fand das Manuela Kretschmer, die aus Weißwasser angereist war und zum ersten Mal bei der Schlössernacht war. Auch Christina und Wilfried Meier aus der Stadt Brandenburg lobten die Veranstaltung als „wunderbar“.

Doch nicht jeder hatte an dem Abend seine ungetrübte Freude. Marina Diesner und Jürgen Niehoff aus Berlin fanden zwar die Atmosphäre „toll“, hätten aber „für den Eintritt schon etwas mehr erwartet“. 42 Euro mussten die 33 000 Besucher der – letztlich wie immer ausverkauften – Schlössernacht auf den Tisch blättern. Toiletten nicht inklusive. 50 Cent pro Dixie-Besuch wurden zusätzlich fällig. „Das finde ich schon ein bisschen unverschämt“, sagte Marion Berger aus Berlin, die ebenfalls ihre Schlössernacht-Premiere erlebte. „Die Stimmung ist aber schön, die Kulisse ganz toll“, fand sie auch versöhnliche Worte.

Über 400 Künstler hatte die Arbeitsgemeinschaft Schlössernacht als Veranstalterin in den Park geholt – die Qualität der Darbietungen überzeugte nicht jeden. „Die Künstler sind nicht unbedingt alle ein Highlight“, urteilte ein Paar aus Berlin. „Es ist nett, aber keine Hochkultur.“ Zwiespältig wurde etwa das Stück „Seiner Majestät Ihro königliche Inspektion“ aufgenommen, das vom Theaterensemble „Alles & Mehr“ auf der Mopke vor dem Neuen Palais dargebracht wurde. Darin sollte die Frage beleuchtet werden, ob man eine Terrine Suppe von der Küche in den Communs ins Schloss bringen konnte, ohne dass Seine Majestät eine „Kaltschale“ löffeln musste. „Das war weder Geschichtsdoku noch Satire“, meinte ein Berliner, der keinen Sinn in dem Stück erkennen konnte. Immerhin: „Die Kostüme waren schön.“

Viel Beifall heimste hingegen das Potsdamer Schlössernacht Orchester ein, das an der Bühne vor der Orangerie russische Klassik spielte – Tschaikowskys berühmte Streicherserenade wurde ausgiebig beklatscht. Auch das Münchener Kontrabass-Ensemble „Bassionata Amorosa“, das schon in der New Yorker Carnegie-Hall mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, avancierte zum Publikumsliebling. Geduld und gute Nerven brauchte, wer sich zwischen den Auftritten an der Orangerie mit Getränken versorgen wollte. Insbesondere an einem Stand eines bekannten Sektherstellers wurde der Langmut der Anstehenden auf eine empfindliche Probe gestellt. Bissige Bemerkungen über das reichlich gemächliche Arbeitstempo perlten indes an der Belegschaft ab wie der nach einer Grimmschen Märchenfigur benannte Schaumwein.

Dass es im gesamten südwestlichen Bereich des Parks zwischen Römischen Bädern und Lindenavenue dunkel und frei von kulturellen Angeboten war, stieß manchem Besucher sauer auf, hatte allerdings auch seine Vorteile. Denn dort wurden all jene fündig, die den Menschenkarawanen auf den Hauptachsen und beleuchteten Wegen zu entfliehen suchten. Wer in diesem Bereich blieb, wurde um 0.30 Uhr belohnt: Das Abschlussfeuerwerk über dem Neuen Palais war aus menschenleerer Ferne ein besonderer Genuss. Er wirkt noch, der Zauber.

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