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Landeshauptstadt: Villa Tummeley muss weiter warten

Von Hofgärtner Fintelmann angelegter Landschaftsgarten als Streitpunkt zwischen E.dis und Denkmalpflege

Von Hofgärtner Fintelmann angelegter Landschaftsgarten als Streitpunkt zwischen E.dis und Denkmalpflege Von Erhart Hohenstein Berliner Vorstadt. Die Sanierung der Villa Tummeley in der Berliner Straße 29 lässt weiter auf sich warten. Als Eigentümer will der große Energieversorger E.dis hier ein Schulungszentrum einrichten. Dafür reichen die Räume der Villa aber nicht aus, und so hat er Antrag auf eine „bauliche Erweiterung“ gestellt, sprich einen Neubau im zum Tiefen See reichenden Landschaftsgarten. Daran scheiden sich die Geister. Wie das Haus steht nämlich auch der Garten unter Denkmalschutz. Er wurde durch Adolf Gustav Fintelmann angelegt, der ab 1832/33 als königlicher Hofgärtner für die Pfaueninsel, Paretz und die Melonerie in Sanssouci verantwortlich war. Zwar schreibt in ihrer 1995 veröffentlichten Monographie „Die Berliner Vorstadt“ auch Sabine Bohle-Heintzenberg, von diesem Garten sei „heute so gut wie gar nichts erhalten“, nachdem ihn das Energiekombinat in der DDR-Zeit mit Baracken bebaut hatte. Jörg Limberg, der für die Berliner Vorstadt zuständige städtische Denkmalpfleger, kann dieser Aussage nicht folgen: Ein Landschaftsgarten werde durch seine Bäume, die übrige Bepflanzung und seine Wege geprägt. Der Baumbestand ist weitgehend erhalten, die historische Wegeführung wurde durch die Denkmalpflege mittels Grabungen ermittelt. Eine Wiederherstellung des Gartens sei also möglich. E.dis reagiert auf die Debatte, in die sich inzwischen auch der Bau- und der Umweltausschuss der Stadtverordnetenversammlung eingeschaltet haben, recht gelassen. „Wir stehen nicht unter Zeitdruck“, verdeutlicht Wolfgang Vöse, Pressesprecher für den Bereich Potsdam. Das Unternehmen warte auf die Entscheidung der Stadt über den vor fast zwei Jahren eingereichten Antrag, solange werde das Vorhaben auf Eis gelegt. Für die Villa ist eine Renaissance also wohl nicht so bald zu erwarten. Ihren Namen hat sie von Eduard Tummeley, der sie 1847/48 durch den prominenten Architekten Martin Wilhelm Gottgetreu für seine Familie erbauen ließ. Gottgetreu hatte als enger Mitarbeiter von Ludwig Persius u.a. am Bau von Schloss Babelsberg und des Pumpwerks („Moschee“) an der Neustädter Havelbucht mitgewirkt. Er wählte für die Villa, deren flacherer Mittelteil links von einem Turm und rechts durch einen Anbau eingerahmt wird, den damals verbreiteten Tudorstil. Der Bauhistoriker Prof. Friedrich Mielke spricht von einem „pittoresken Bild mittelalterlicher Burgenromantik“. Davon ging allerdings 1885 bei einem Umbau unter dem neuen Eigentümer Baron von Eckardstein einiges verloren. Auffallend ist die architektonische Verwandtschaft des Gebäudes mit dem am jenseitigen Ufer des Tiefen Sees gegenüber liegenden, heute als Gaststätte genutzten Damenhaus (Kleines Schloss) im Park Babelsberg. Diese Verbindung soll durch Prinz Wilhelm– den späteren König und Kaiser Wilhelm I. – veranlasst worden sein. Selbst die innere Aufteilung und Nutzung des Hauses ist überliefert. Im Erdgeschoss gruppierten sich Vor- und Empfangsräume sowie ein Damenzimmer mit Erker und Blick über den See um einen 73 Quadratmeter großen, auch als Speisesaal genutzten Salon. Er wiederholte sich im von Wohnräumen eingenommenen Obergeschoss als Billardsalon und Spielzimmer für die Kinder. Sogar ein Innenklosett gab es bereits, für die damalige Zeit eine Seltenheit. Bleibt die Frage, wie sich der Zuckersieder und -händler Tummeley die stattliche Villa und den Landschaftsgarten leisten und für den Bau „Stars“ wie Gottgetreu und Fintelmann – übrigens später sein Schwiegersohn – verpflichten konnte. Er war der nächste Verwandte des schwerreichen, 1846 kinderlos verstorbenen Kaufmanns August Friedrich Eisenhart. Der hatte die Hälfte seines Vermögens – 193 000 Taler – der Stadt für eine Schule, ein Krankenhaus und Stipendien vermacht. Potsdam setzte ihm dafür ein Denkmal, das heute am Beginn der nach ihm benannten Straße in Höhe des Stadthauses steht. Auch die Grundschule in der Kurfürstenstraße trägt Eisenharts Namen. Die andere Hälfte seines Vermögens aber blieb dem als Nachlassverwalter eingesetzten Eduard Tummeley.

Erhart Hohenstein

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