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Friedrich Merz, Unionskanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, winkt zu Anhängern bei seiner Wahlkampfveranstaltung in der Schinkelhalle.

© dpa/Carsten Koall

Wahlkampfauftritt in Potsdam: Merz räumt „Abweichung“ bei Haltung zur AfD ein

Vor rund 500 Gästen hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz in der Potsdamer Schinkelhalle seine geplante Politik nach der Wahl erklärt. Es ging auch um das Reizthema Migrationspolitik.

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Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat Wurzeln in der Mark. Das verriet Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann am Dienstagabend – bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Merz in der Schinkelhalle in der Potsdamer Schiffbauergasse. „Du kennst Brandenburg sehr, sehr genau, nicht nur, weil Du familiäre Wurzeln auch in Brandenburg hast“, sagte Redmann.

Väterlicherseits komme Merz’ Familie aus Wriezen. Die Stadt liegt in Brandenburg im Landkreis Märkisch-Oderland unweit des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder. Der gebürtige Sauerländer nickte dazu, ging aber in seiner Rede nicht direkt darauf ein.

In dieser konzentrierte er sich auf den Wahlkampf, so kurz vor der Bundestagswahl. Unter anderem räumte er eine Kehrtwende in seiner Haltung zur AfD bei den umstrittenen Abstimmungen im Bundestag ein. „Ich weiß, dass das natürlich eine Abweichung von dem war, was ich der Rest-Koalition, der Ampel angeboten hatte, kurz nachdem sie auseinander geflogen war“, sagte Merz.

Er hatte zugesagt, nur mit SPD und Grünen vereinbarte Entscheidungen auf die Tagesordnung zu setzen, damit keine Mehrheit mit der AfD zustande kommt. Der Bundestag stimmte im Januar aber einem Antrag der Unionsfraktion für eine schärfere Migrationspolitik eben mit Stimmen der AfD zu und löste so Proteste aus. Auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte den 69-Jährigen dafür.

Der Kanzlerkandidat begründete seinen Schwenk erneut mit den jüngsten Anschlägen. „Aber dann sind Magdeburg und Aschaffenburg passiert“, sagte Merz. Im Dezember hatte ein Mann aus Saudi-Arabien mit einem Auto auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt. In Aschaffenburg erstach im Januar ein 28 Jahre alter Afghane einen zweijährigen Jungen und einen 41 Jahre alten Mann.

CDU-Anhänger halten Schilder mit dem Aufdruck Merz und Kanzler bei der Wahlkampfveranstaltung in der Schinkelhalle.

© dpa/Carsten Koall

Vor allem die Grünen wollten die illegale Migration nach Deutschland nicht begrenzen, warf Merz der Partei vor. Auch die SPD kritisierte Merz für deren Haltung. Doch selbst Brandenburgs SPD-geführte Landesregierung wolle mehr Kontrolle an der Grenze und Zurückweisungen.

Warnung vor 2029

Merz betonte aber auch: „Es wird mit uns und auch mit mir keine Zusammenarbeit mit der AfD geben.“ Und: „Ich würde die Seele der CDU verkaufen, wenn ich einen solchen Weg mitgehe.“ Dafür gab es viel Applaus unter den rund 500 Gästen, viele davon Parteimitglieder.

Fünf Tage vor der Bundestagswahl stellte er Bedingungen für den Fall eines Wahlerfolgs. „Wir gehen mit niemandem in eine Regierung, der nicht bereit ist, substanziell die Migrationspolitik in Deutschland zu ändern“, sagte Merz. Nötig sei ein Kurswechsel in der Migrations- und in der Wirtschaftspolitik. Dort sei viel weniger Bürokratie nötig, auch in der gesamten EU. Merz warnte: „Wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden 2029 die Populisten in Deutschland triumphieren.“

Ein neues Digitalministerium?

Er rief auch zu mehr Leistungsbereitschaft auf: Um den Wohlstand zu halten, brauche es Wachstum. „Mit einer Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand nicht halten“, sagte Merz. Konkret versprach er ein Digitalisierungsministerium einzurichten, das auch für den vermehrten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Deutschland sorgen solle. Wichtig sei mehr Datensicherheit, aber nicht mehr Datenschutz, machte er klar. Auch wolle er wieder ein reines Wirtschaftsministerium einrichten, ohne den Bereich Klimaschutz.

CDU-Landeschef Redmann sagte, gerade im Osten wisse man, wie es sich anfühle, wenn eine Wirtschaft gegen den Baum fahre – und wie schwer es sei, da wieder herauszukommen. Daher sei die Unsicherheit so groß, habe sich die AfD in der Zeit der Ampel-Regierung verdoppelt. Merz sagte später: „So eine schlechte Regierung hatten wir noch nie.“ In Richtung Scholz teilte Merz aus, am besten könne dieser eins: „Schweigen“.

Dutzende Menschen protestierten nahe der Veranstaltung gegen Merz und die CDU. Eine Demonstration unter dem Motto „Asylrecht verteidigen“ wandte sich „gegen rechte Hetze und menschenverachtende Politik“. Die Unionsparteien CDU/CSU liegen in Umfragen mit 27 bis 30 Prozent klar vorn. (mit dpa)

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