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Rolls-Royce unter den Mischpulten: Hermes nutzt modernste Technik.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Wo Hollywood Deutsch spricht

Die Babelsberger Hermes Synchron hofft heute auf einen Preis – für Kate Winslet alias Ulrike Stürzbecher

Babelsberg - Wäre da nicht das signierte Bild von Robert DeNiro, man käme nicht auf den Gedanken, im Büro des Chefs einer Filmfirma zu stehen. Gediegene Holzmöbel, das Modell einer Segelyacht, ein alter, genieteter Ledersessel.

„Das war der Arbeitssessel meines Vaters“, sagt Jörg Hermes und lächelt. 1967 hatte Ingo Hermes in Berlin-Neukölln die nach ihm benannte Synchronfirma gegründet und sich fast 30 Jahre später einen Traum erfüllt. Er, der noch bei der alten Defa gelernt hatte, wollte nach Babelsberg zurück. 1996 wurde der Unternehmenssitz in die Medienstadt verlegt. Seit dem Beginn der Jahrtausendwende ist nun Jörg Hermes Chef eines der vier bedeutendsten Synchronstudios in Deutschland. Hier, in dem äußerlich unscheinbaren Gebäude in der August-Bebel-Straße, wurde und wird Filmgeschichte geschrieben. Heute Abend, wenn im Nikolaisaal zum neunten Mal der Deutsche Preis für Synchron verliehen wird, dürfte Jörg Hermes vor allem Ulrike Stürzbecher die Daumen drücken. Sie lieh Kate Winslet ihre Stimme für deren oscargekrönte Leistung in „Der Vorleser“ – und das tat sie in einem der drei Aufnahmestudios von Hermes.

Viermal hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren Synchronsprecher zu Höchstleistungen geführt, die dann mit dem Synchronpreis gewürdigt wurden. Stefan Krause etwa, der vor drei Jahren die Auszeichnung als deutsche Stimme von Philip Seymour Hoffman in „Capote“ bekam.

Durchschnittlich 1200 Minuten Film werden bei Hermes im Monat „eingedeutscht“, „mehr als die Hälfte davon fürs Fernsehen“, so der Firmenchef. Der Rest des Kuchens entfällt auf DVD-Premieren oder Kinoproduktionen. Und bei letzterem ist so einiges dabei, mit dem sich der Briefkopf schmücken lässt: „Pulp Fiction“ etwa, jener Streifen, mit dem Quentin Tarantino seinen Ruhm begründete, zählt dazu. Alle drei „Terminator“-Filme mit Arnold Schwarzenegger, doch auch „schwierige Arbeiten“ wie „Nell“ mit Jodie Foster oder „Wonder Boys“ mit Michael Douglas. Dafür gab’s 2000 einen Liliput-Preis für die beste Synchronarbeit. Um im Konzert der Branchenriesen mitspielen zu können, hat Hermes ordentlich investiert. Mehr als 600 000 Euro ist allein das Mischstudio wert, mit einem Harrison-Pult, 96 Mischkanäle, der „Rolls-Royce unter den Mischpulten“, sagt Jörg Hermes stolz.

Doch die weltweite Wirtschaftskrise ist auch an dem Traditionsunternehmen nicht spurlos vorbeigegangen. „2008 war ein sehr schwieriges Jahr“, sagt Hermes. In der Folge schrumpfte die Zahl der festangestellten Mitarbeiter von etwa 30 auf jetzt 24. Entlassungen habe es nicht gegeben, nur seien auslaufende Verträge nicht mehr verlängert worden. 2009 sei dann wieder positiv gelaufen, „und auch 2010 sieht es bis jetzt ganz gut aus“. So kann Jörg Hermes heute entspannt zur Preisverleihung gehen. „Das ist eine Chance, unser Schaffen aus der Dunkelheit herauszuholen“, sagt er. „Alle kennen schließlich Tom Hanks, doch wer kennt schon Arne Elsholtz?“ P. Straube

P. Straube

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