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Kultur: Der Mann zwischen den Fronten

Biographie über Generaloberst Friedrich Fromm, der Stauffenberg erschießen ließ

Biographie über Generaloberst Friedrich Fromm, der Stauffenberg erschießen ließ Generaloberst Friedrich Fromm, so hieß der Mann, der nach dem missglückten Attentat auf Hitler Claus Schenk Graf von Stauffenberg und drei seiner Mitverschwörer am 20. Juli 1944 erschießen ließ. Vor allem deshalb ist er in die Geschichtsschreibung eingegangen. Der Potsdamer Militärhistoriker Prof. Dr. Bernhard Kroener hat nach einem Jahrzehnt Forschungsarbeit den Versuch unternommen, die über diesen Brennpunkt deutscher Geschichte hinausgehende Bedeutung des Generals in einer mehr als 1000-seitigen Biographie darzustellen. Vor kurzem hatte die Schrift im Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) ihre Buchpremiere. Als Befehlshaber des Ersatzheeres kommandierte Fromm nicht weniger als 1,8 Millionen Mann. Er war für Ausbildung, Ergänzung und Rüstung des Heeres zuständig wie auch für Bewaffnung und Munition. Außerdem unterstanden ihm das Allgemeine Heeresamt, das Heereswaffen- und das Heeresverwaltungsamt. Damit war der „starke Mann im Heimatkriegsgebiet“ leitend an der Kriegsvorbereitung und -führung beteiligt. Mit seiner Machtfülle hätte er zum wichtigen Verbündeten im militärischen Widerstand werden können. Die Zeichen dafür standen günstig. Mit seinen herausragenden organisatorischen Fähigkeiten hatte der aus einer preußischen Offiziersfamilie stammende Militär weit früher als andere erkannt, dass Deutschland schon wegen seiner begrenzten Ressourcen den Krieg nicht gewinnen konnte. Diese Erkenntnis behielt er nicht für sich, sondern setzte sich bereits 1941 und dann noch einmal 1942 in Denkschriften an Hitler dafür ein, eine politische Lösung für die Beendigung des Krieges zu suchen. Dass er damit das Wohlwollen des Diktators einbüßte, nahm der harte und unzugängliche Mann hin. Dennoch gelang es den Widerständlern nicht, Fromm auf ihre Seite zu ziehen – auch nicht Oberst Stauffenberg, der sein Stabschef war. Der Generaloberst stellte das nationalsozialistische System nicht in Frage, wenngleich er es unter Führung des Militärs und nicht der Politik stellen wollte. Der moralische Anspruch der Verschwörer, Deutschland auf den Weg des Rechtsstaates zurückzuführen, blieb ihm fremd. So wurde er, schätzt Kroener, als „Mann zwischen den Fronten“ zur tragischen Figur. Am Tag des Attentats wegen seiner Verweigerungshaltung zunächst selbst von den Verschwörern verhaftet, schickte er sie nach dem Scheitern des Anschlags in den Tod. Der Autor hat in 30 Archiven zwischen Washington und Moskau recherchiert und nur wenig über Fromm gefunden. Das lässt Raum für Spekulationen, wie auch Prof. Dr. Bernd Wegner, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, in seiner Vorstellung der Biographie andeutete. Wollte sich der General am 20. Juli 1944 feige seiner Mitwisser entledigen, wie ihm der „Volksgerichtshof“ bei seiner Verurteilung zum Tode vorwarf? Reagierte er auf die Befehlsverweigerung seiner Untergebenen? Oder wollte er gar Stauffenberg und seine Freunde vor grausamerer Behandlung bewahren? Solche Spekulationen erscheinen wenig fruchtbar. Letztlich wird Friedrich Fromm der Mann bleiben, der sich dem Widerstand verweigerte und dessen führende Köpfe auslöschen ließ. Auf diese Weise trug er zur Verlängerung des Krieges bei, die Millionen zusätzliche Opfer forderte. E. Hohenstein Bernhard R. Kroener, Der starke Mann im Heimatkriegsgebiet. Generaloberst Friedrich Fromm. Schöningh-Verlag, Paderborn 2005, 1060 Seiten, 24 Bildtafeln, ISBN 3-506-71734-0

E. Hohenstein

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