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Kultur: Preußische Gärten in Europa

300 Jahre Gartengeschichte im Fokus einer wissenschaftlichen Tagung

„Preußische Gärten in Europa“ – unter diesem Titel veranstaltet die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten vom 4. bis 6. Oktober in Sanssouci eine groß angelegte wissenschaftliche Tagung. Rund 80 Gartenhistoriker aus 18 europäischen Ländern sind mit Vorträgen bzw. in den Sektionen zur Diskussion der Schwerpunktthemen vertreten. Sie kommen nicht nur aus klassischen „Gartenländern“ wie Italien, Frankreich, Niederlande oder England, sondern auch aus Schweden, Ungarn, Russland und Polen. Zu ihnen zählt Prof. Luigi Zangheri, der Präsident der wissenschaftlichen Komitees ICOMOS/IFLA, dem internationalen Rat für Kulturdenkmäler. Auf der Tagung wird ein rund 400-seitiger Band mit 70 Beiträgen vorgelegt, der in der Edition Leipzig erscheint. PNN sprachen mit dem Gesamtleiter der Tagung, Stiftungs-Gartendirektor Michael Rohde.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Tagung?

Wir möchten der Öffentlichkeit die vielfältigen internationalen Aspekte der Einflussnahme und Beeinflussung der preußischen Gärten vorstellen. Davon erhoffen wir neue Anstöße für weitere Forschungen, vor allem durch junge Wissenschaftler. Insbesondere geht es uns um ein neuerliches Verständnis für den Wert der preußischen Gärten als Kunstwerke. Ein wesentlicher Punkt ist, dass mit den Einschätzungen ausländischer Fachkollegen die Bedeutung der Gärten als neben den Schlössern gleichwertiger Bestandteil des Welterbes der Allgemeinheit besser vermittelt werden kann. Dies sage ich auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über die Nutzung der Parke in Potsdam und Berlin.

Die Vorbilder für die preußischen Gärten reichen von niederländischen und französischen Einflüssen im Barock über englische zurzeit des Landschaftsgartens bis hin zu italienischen und vielfältigen anderen in der Epoche des Historismus. Wie wollen Sie dieses Thema angehen?

Durch einführende Vorträge, wie die von Klaus von Krosigk oder Adrian von Buttlar sowie die Beiträge aus Blickrichtung der europäischen Fachkollegen. In öffentlichen Kolloquien werden die neuen Erkenntnisse bewertet und die Ergebnisse dann zur Diskussion gestellt.

Und wie hat die preußische Gartenkunst auf Europa zurückgewirkt? Auf Anhieb fällt einem da Peter Joseph Lenné ein.

Die „Gegenbewegung“ setzte schon im Barock, also viel früher, ein. Die Schwester Friedrichs des Großen, Luise Ulrike, hat als Gemahlin des Königs von Schweden dort zum Beispiel Gestaltungen von Sanssouci und Rheinsberg bekannt gemacht. Selbstverständlich spielt Lenné als Schöpfer der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft in ihrer unvergleichlichen Verbindung von Parks und Bauten die wichtigste Rolle. Die preußischen Gärten waren besonders in Skandinavien und im ostmitteleuropäischen Raum Vorbild, so dass von Preußen ein regelrechter Ideen- und Künstlerexport ausging. Über neuere Forschungen zur Bedeutung Lennés in Brandenburg wird Landeskonservator Detlef Karg sprechen. Außerdem bietet die Tagung gerade auf diesem Gebiet eine Fülle hochinteressanter, bisher kaum bekannter Details. Dazu zählen eigenhändige Zeichnungen der Prinzessin Charlotte von preußischen Gärten, mit denen sie als Gemahlin des Zaren Nikolaus I. die Gestaltung russischer Gärten inspiriert hat, oder der von Gustav Meyer für die Pariser Weltausstellung 1867 vorgestellte „Preußische Garten“.

All diese Inspirationen sind aber nicht allein über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Herrscherhäuser, sondern auch von den Gartenkünstlern selbst vermittelt worden ...

Deshalb ist das Thema „Gartenkünstler im europäischen Austausch“ ebenfalls Bestandteil der Tagung. Michael Seiler spricht über „Preußische Hofgärtner im europäischen Kontext“, und Jens Hendeliowitz beleuchtet die Anregungen, die Gartendirektor Rudolphe Rothe von einem Studienaufenthalt in Sanssouci in seine Heimat Dänemark mitbrachte. In einem weiteren Themenblock werden Lehrbücher, Reiseberichte und Gartenveduten ausgewertet, so durch Stephanie de Courtois (Frankreich) das 1879 erschienene Gartenbuch Edouard Andrés, in dem die preußische Gartenkunst nach 1871 differenziert bewertet wird. Die 1823 durch Lenné gegründete Gärtnerlehranstalt übte im 19. Jahrhundert eine unglaubliche Ausstrahlungskraft auf andere Länder aus. Freuen würde ich mich, wenn von der Tagung ein Anstoß für ein europäisches Netzwerk ausginge, das den Austausch der Gartenhistoriker wieder stärker fördert. Lassen Sie mich auch darauf hinweisen, dass Clemens Alexander Wimmer zur Tagung eine umfassende Biblographie über die Stiftungsgärten vorlegt, wie es sie bisher noch nicht gab.

Eine solche Tagung erfordert eine intensive Vorarbeit und die Finanzierung erhebliche Mittel.

Dafür möchte ich mich in erster Linie bei Heiner Krellig bedanken, den wir für die wissenschaftliche Redaktion und Organisation der Tagung gewinnen konnten. Die VolkswagenStiftung hat die Tagung finanziell nachhaltig gefördert. Und ohne das Engagement des Verlags Edition Leipzig, des Übersetzers Mic Hale sowie nicht zuletzt der Mitarbeiter der Gartenabteilung der Stiftung wären die Tagungsorganisation und die Buchpublikation in Deutsch und Englisch nicht möglich gewesen. Mich freut sehr, dass wir so viele renommierte Autoren für die Buchbeiträge gewinnen konnten.

Bleibt die Tagung dem eingeladenen Teilnehmerkreis vorbehalten?

Nein, sie ist bis auf die Abendempfänge öffentlich. Interessenten können sich in der Gartendirektion der Stiftung, Tel. 9694-308 oder -232 anmelden.

Das Gespräch führte Erhart Hohenstein

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