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Kultur: Schwebender Wasserrosengeist

Christine Wolff mit romantischen Liedern von Eduard Lassen in der Urania

„Finden Sie nicht auch, Liederabende können furchtbar sein.“ Mit diesen ungewöhnlichen Begrüßungsworten eroberte die Potsdamer Sopranistin Christine Wolff am Freitagabend die Bühne und die Herzen des Publikums in der Urania Potsdam wie im Flug. Um dann nach einem pointierten Erfahrungsbericht über die „hohe Kunst“ von manierierten Diven, es selbst ganz anders zu tun. Natürlichkeit und Anmut sind ihre Markenzeichen und sie bringt auch den Mut auf, mit tradierten Konventionen zu brechen.

So gestaltete sich ihr erster Auftritt mit den ehemals berühmten, aber heute nahezu unbekannten Liedern des Dirigenten und Komponisten Eduard Lassen (1830 bis 1904) alles andere als konventionell. Die vor Energie und Begeisterung sprühende Sängerin, der jede Starattitüde fremd ist, will ihr Publikum anstecken und mitnehmen in eine Welt, in der ihr die „Synthese von anspruchsvollem Volks- und Kunstlied“ besonders gelungen scheint. Eduard Lassen, der seinerzeit als Generalmusikdirektor der Weimarer Hofkapelle in einer Reihe stand mit Franz Liszt als seinem Vorgänger und Richard Strauss als Nachfolger, vertonte Verse von Heinrich Heine, Eduard Möricke, Emanuel Geibel und Joseph von Eichendorff.

Das tat er bewusst anders als seine noch heute berühmten Zeitgenossen, die „reine Kunstlieder“ komponierten und selten Rücksicht auf die technischen Möglichkeiten und stimmlichen Grenzen der Ausführenden nahmen. Lassen wollte in einer Zeit, in der der Liedgesang fast vollständig von den öffentlichen Podien verbannt war, diese Kunst auch für Liebhaber und ambitionierte Laien durchführbar halten. Selbst Thomas Mann erinnerte sich später daran, dass seine Mutter, „die eine kleine, aber überaus angenehme und liebliche Stimme hatte“, bei Hauskonzerten Lieder von Eduard Lassen sang, den der Dichter bei dieser Gelegenheit kennen- und auch schätzen lernte.

Christine Wolffs klarer lyrischer Sopran hingegen ist ungemein beweglich und nuancenreich und selbst in den Höhen ohne Anstrengung. Und so verwunderte es fast gar nicht, dass die Zuhörer erst bei den dramaturgisch geschickt in das Programm eingestreuten Liedern von Franz Liszt und Richard Strauss so richtig zur Begeisterung fanden. Denn der wunderbare „Fischerknabe“ aus „Wilhelm Tell“ oder die märchenhafte „Wasserrose“ von Felix Dahn, vertont von Franz Liszt und Richard Strauss, schöpften dann das beeindruckende Potential von Christine Wolffs Stimme erst so richtig aus.

Lassens Kompositionen waren da eher ein ebenso anmutiger und wie angenehmer Vorgeschmack, der allerdings, wie „Die Musikantin“ nach Versen von Eichendorff oder nach Mörickes kleinem wohlbekannten Frühlingslied unbedingt Appetit auf mehr machten. Und so brachte Christine Wolff, die genauso einfühlsam wie kraftvoll von Anastasia Mozina-Braun am Klavier begleitet wurde, auch in den beiden stürmisch eingeforderten Zugaben den „Wasserrosengeist“ und den der „Zueignung“, beide von Richard Strauss vertont, nochmals eindrucksvoll zum Blühen und Schweben. Langanhaltender stürmischer Beifall von einem mit Esprit unterhaltenen Publikum zeugte vom Erfolg, den unbekannten Spätromantiker auch heutigen Zuhörern nahe zu bringen.

Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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