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Von Tobias Reichelt: Die Teltower Rübe wächst langsam

Neue Tafeln sollen umstrittenes Kunstwerk am S-Bahnhof aus der Krise führen

Teltow – Es ist eines der umstrittensten Kunstwerke Teltows – „wenn ich ehrlich bin, dann fällt mir das Ding heute zum ersten Mal auf“, sagt Sabine Spiesecke und blickt verdutzt in den Teltower Himmel. Hier, in etwa zehn Metern Höhe, endet das Werk aus Stahl und gebranntem Ton. „Was soll das sein?“, fragt sie ihren Mann Hartmut. „Eine Rübe“, sagt der ahnend und zuckt mit den Schultern. Viel zu sehen ist davon noch nicht.

Seit fast drei Jahren stehen die vier Stahlstreben mit den ersten kunstvollen Tonplatten auf dem Vorplatz zum Teltower S-Bahnhof. Noch immer ist das Werk, dessen Tafeln als Werbeträger dienen, in einem Anfangsstadium. Die meisten Plätze an dem Werbeträger sind frei. Von der Rübenform, dem Symbol der Stadt, ist wenig zu sehen. Gestern nun wuchs das Kunstwerk ein kleines Stück – von Gedeihen kann aber noch nicht die Rede sein.

„Kunst dauert immer“, erklärt Lutz Brandt. Gemeinsam mit der Stahnsdorfer Künstlerin Thekla Furch hat er die Rübe erdacht. Das besondere an dem Kunstwerk: Es wird ausschließlich durch Werbung finanziert. Kunst und Kommerz sollten sich vereinen. Dass die Rübe nach so vielen Jahren noch immer etwas kahl ist, ärgert ihn. „Man ist immer auf das Wohl der Auftraggeber angewiesen“, sagt Brandt. Und die waren in der Vergangenheit zurückhaltend. Für einmalige 4800 bis 7800 Euro können Interessierte einen Platz an der Rübe erhalten, also eine von den beiden Künstlern in Handarbeit gefertigte Tonplatte. In der Wirtschaftskrise hatte das Projekt zu leiden, sagt Brandt. Viele Investoren waren interessiert, aber sprangen wieder ab. Nicht Eberhard Derlig. Seinem Regionalfernsehsender Teltowkanal war ein Platz an der Rübe wichtig – gerade im Jahr des 15-jährigen Senderjubiläums. „Das ist keine sinnlose Werbetafel, sondern Kunst“, sagte Derlig gestern. Neben ihm investierten jetzt auch die Kieler Design Bau AG, die Bauherr im nahen Mühlendorf ist, und die Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser GmbH in das Teltower Kunstprojekt. Von 24 Elementen sind damit acht angebracht. Langsam lässt sich die Rübenform erahnen.

„Mühsam nährt sich das Eichhörnchen“, sagte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) zur feierlichen Einweihung. Es sei nicht einfach, Investoren zu finden, und dem Kunstwerk aus seinen Kinderschuhen heraus zu helfen. Auch Schmidt macht die Wirtschaftskrise dafür verantwortlich. Auch wenn der künstlerische Prozess stockt, Künstlerin Furch findet das nicht schlimm. „Muss denn alles schnell gehen?“, fragt sie. Das es etwas länger dauere, sei ein Zeichen von Qualität. „Das Kunstwerk ist solide gebaut, wir können auch noch in zehn Jahren die letzten Platten anschrauben.“

So lange möchte die Teltowerin Sabine Spiesecke nicht warten. Deshalb hat sie eine unkonventionelle Idee, wie man dem Werk zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen könnte: „Vielleicht sollte man eine Uhr ranschrauben“, sagt sie. Dann gucken die Leute öfter hin.

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