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KulTOUR: Die Wohnstube des Künstlers

Personalausstellung von Arno C. Schmetjen im Museumsgaststübchen „Kuddeldaddeldu“

Werder (Havel) - Das Ding mit dem „Havelwunder“ nimmt offenbar kein Ende. Vermutlich deshalb, weil es schlichtweg keines hat. Mit einer Personalausstellung kehrt der Glindower Maler Arno C. Schmetjen an den Ort zurück, wo die Idee zu diesem wundersam gestalteten Segelboot geboren wurde, im Museumsgaststübchen „Kuddeldaddeldu“ auf der Uferpromenade der Insel Werder.

Fast siebzig Promis aus Kultur und Politik – Günter Pfitzmann konnte hier einst sogar eine ganze Stunde Ringelnatz aus dem Kopf zitieren – haben an diesem kunstreichen Ort schon ihre rauen Außenhäute abgelegt, um einmal so zu sein, wie sie „wirklich sind“. Wer sich in dieser Idylle sonst noch die Ehre gab, muss man derzeit bei Peter und Esther Weymann am Tresen erfragen, denn die „Ahnengalerie“ hatte einer Retrospektivausstellung von Arno C. Schmetjen anlässlich seines Fünfzigsten zu weichen, jener, der das „Havelwunder“ bildnerisch noch einmal schuf.

Nun ist es ein Unding, von dieser Präsentation ohne das „Kuddeldaddeldu“ mit seinen 25 Plätzen Auskunft zu geben, obwohl es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand die 1999 geschaffene Gastlichkeit mit seinen Nippes und Nappes, mit „Nostalgie“ und Gefühl noch nicht kennt. Man hat sofort den Eindruck, alles hier wäre Kunst, die Personage natürlich inbegriffen, kein Wunder, wenn der Maler diese Stätte „meine Wohnstube“ nennt. Neue Ideen gebiert sie ja schon.

Die Außenanlage unter den Birken wirkt zwar stilvoll, doch jetzt im Dezember etwas verwaist. Drinnen ist es urgemütlich, eng stehen alte Tische und Stühle, Regale mit Büchern und Sammlergut dicht an dicht und sämtlich „antik“ – obwohl in diesem „Museum“ alles sichtbar ist, gehen einem rasch die Augen über, unmöglich, alles zu erfassen.

Hier nun hängen frühe Arbeiten von Arno C. Schmetjen aus seiner Hannoveraner und Potsdamer Lehrzeit, sein „Spätwerk“ der letzten Jahre, achtzig Bilder, alle wohlfeil. Nur wo? Wer käme schon auf die Idee, sie an der Stubendecke zu suchen, zwischen Radio und Bügeleisen, hinter dem Tresen oder gar auf dem Klo? Also wird die kunstinteressierte Dame gezwungen, die Herrentoilette („Kuddel“) zur Bilderschau zu betreten, die Männer das „Kuddeldinchen“, wo „besonders die floralen Motive“ hängen.

Gleich ob Grafik oder Malerei, Mehrfarbensiebdruck oder Collage, Tusche oder Kalligraphie, alles passt ganz organisch in dieses Lokal, als hätte es große Galerien niemals gesehen. Selbst ohne sie will das Uferlokal („unser Schmelztiegel“) als Gesamtkunstwerk verstanden sein. Kein Wunder also, wenn sich Leute wie Thierse, die „Lords“ oder Potsdams OB Jakobs hier zu Hause fühlen. Der uralte Schlager „Spiel noch einmal für mich, Caballero“ dringt aus dem Plattenspieler von dunnemals, jedermann wird geduzt, jeder ist (Reservierung erwünscht) willkommen.

Eine künstlerisches Total-Ambiente, mithin eine etwas verkehrte Welt: Wie die Fischsuppe der freundlichen Wirtin „bis nach Cuxhaven“ berühmt ist, obwohl das Ehepaar aus Westfalen stammt, so wohnt der Hamburger Künstler ausgerechnet auf einem Berg in Glindow. Im „Kuddeldaddeldu“ wurden auch die Hymnen für Werder erdacht, welche Peter Weymann (Spiritus rector vom Havelwunder) und sein Partner Joey Richter per CD als „Kapelle Fischerstraße“ anbieten, hier sieht man, was Schmetjen mit den übriggebliebenen Bootslackfarben tat: Seine künstlerisch bemalten Flaschen und die kleinen Friestafeln, nur vor Ort zu erwerben, sind echte Sammlerstücke. Die Wunder der Havel wollen eben einfach nicht enden.

Täglich außer Montag geöffnet bis zum Januar, bei Anmeldung ist der Maler vor Ort, Telefon (03327) 732 772.

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