zum Hauptinhalt

Sport: 1. FC Kaiserslautern: Sturm im Wasserglas

Zehn vor elf begann der große Abmarsch, obwohl die formal wichtigsten Punkte noch gar nicht abgehakt waren. Längst war der Generalversammlung des 1.

Zehn vor elf begann der große Abmarsch, obwohl die formal wichtigsten Punkte noch gar nicht abgehakt waren. Längst war der Generalversammlung des 1. FC Kaiserslautern klar, dass ihre Chefs das Spiel gegen die Opposition haushoch gewonnen hatten. Wer den Aufstand der 86-köpfigen Gruppe um Rechtsanwalt Detlev Albrecht als berechtigt empfindet, wird nun von einem Komplott der Mächtigen sprechen. Kurz vorm Mittagessen war in der Kanzlei Albrechts ein Gerichtsvollzieher erschienen. In der einstweiligen Verfügung wurden der "Stimme" des Widerstands eine halbe Million Mark bzw. ein halbes Jahr Haft angedroht, falls er weiterhin behaupte, die Trainer-Familie Rehhagel habe an Spieler-Transfers partizipiert.

Schon da war das Spiel gegen das FCK-Mitglied 000004 gelaufen. Für eine Revolution auf dem Betzenberg hätte Albrecht mehr mitbringen müssen als nur die allgemeine Unzufriedenheit über Führungsstil und Kundenservice beim populärsten Sport-Unternehmen im Südwesten. Wer hier gewinnen will, darf keine Angst davor haben, auch mit Dreck zu werfen oder Volkstribun zu spielen. Doch dafür fehlten dem Aufrührler Albrecht die notwendige Chuzpe, die wahre Einsicht ins Innenleben von Mannschaft und Geschäftsstelle sowie Rhetorik und emotionale Energie, die jemand braucht, der sich mit solch versierten Taktikern wie Vorstand "Atze" Friedrich und Aufsichtsrat Robert Wieschemann anlegt.

Die Chefs der beiden Führungsgremien hatten sich hervorragend präpariert. Auch weil Albrecht seine Munition in zahlreichen Interviews schon im Vorfeld verballert hatte. Friedrich und Wieschemann dagegen beschworen die sportliche und wirtschaftliche Leuchtkraft der "roten Teufel" in der Pfälzer Diaspora; zum Auftakt der Generalversammlung ehrten sie eineinviertel Stunden lang vom ersten Bundesligapräsidenten Willi Müller bis zum Rechnungsprüfer und den üblichen Jubilaren so ziemlich alle Lauterer, die für ein Dankeschön verfügbar waren. Um die gefährlichste Klippe des Konvents ließen sich die Kapitäne dann von ihrem Wirtschaftsprüfer fahren. Manfred Gierend nahm die ausgefallene Buchung und auch die fehlenden Rückstellungen in Sachen Murat Yakin, die den Klub möglicherweise noch 8,5 Millionen Abfindung kosten, persönlich auf seine Kappe.

Der Fall Yakin wird nun eben erst bei der nächsten Generalversammlung abgerechnet und ausgestritten. Zur Fortsetzungsstory im Herbst 2001 gerät auch der Posten "Darlehen für Arbeitnehmer". Pikanterweise ist den FCK-Bossen diese Idee, die als Ersatzlösung für Handgelder oder Vorauszahlung für längerfristige Verträge plausibel gemacht wurde, just in jenem Moment eingefallen, als Otto Rehhagel seinen fußballerischen Ziehsohn Mario Basler vom FC Bayern freikaufen wollte. Der größte Teil jener über fünf Millionen Mark ist also ganz bestimmt nicht unproblematisch angelegt.

Trotzdem haben die Herren vom Betzenberg ihre Gemeinde wieder halbwegs unter Kontrolle. Wieschemanns Aussagen, wonach der Verein noch nie so gut dagestanden habe und auch im laufenden Geschäftsjahr ein Millionengewinn zu erwarten sei, beruhigten die Pfälzer Gemüter genauso wie der momentane Tabellenstand. "Platz fünf", so Friedrich, "wäre am Schluß mein Traumplatz, "dann wären wir im Uefa-Cup". Wie lange nun der Frieden hält, hängt in erster Linie von den Resultaten ab, die die Mannschaft abliefert. Und auch davon, wie die Westkurve auf die Beleidigungen durch Geschäftsführer Herzog ("90 Prozent Idioten, 95 Prozent Asoziale") reagiert. Obwohl Herzog diese Äußerungen dementiert, standen drei Fans zu dieser Behauptung und ihren eidesstattlichen Erklärungen.

Martin Hägele

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false