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Sport: 100 Meter, die die Welt veränderten

Ben Johnson rannte vor 20 Jahren gedopt ins Ziel

Hamburg – Das Dopingdrama um Ben Johnson nach dem „Jahrhundert-Lauf“ am 24. September 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul hat die Sportwelt gründlich erschüttert – und verändert. „Ich glaube, dass vor allem das IOC nach diesem Fall im Anti-Doping-Kampf aktiv geworden ist“, sagt Helmut Digel, Councilmitglied im Leichtathletik-Weltverband IAAF, zum 20. Jahrestag des Skandals.

Auf Initiative des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ist die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) etabliert worden und der Welt-Anti-Doping-Code als „Grundgesetz“ des internationalen Kampfes anerkannt. Für Digel liegt trotz der Fortschritte aber noch viel im Argen. „Wir rennen mittlerweile von einem Skandal zum anderen. Nach einem Skandal wird aber schnell wieder vergessen und zur Tagesordnung übergegangen“, stellt der Tübinger Sportsoziologe fest. „Mit dieser Strategie ist der Sport gut gefahren, so konnte er immer weiter wachsen und Geld verdienen.“ Es werde auf neue große Fälle mit verbesserten Nachweismethoden und härteren Strafen reagiert, die Doper verfeinerten daraufhin jedoch prompt ihre Betrugsmethoden.

Die Nachfolger von Johnson haben aus seinem tiefen Sturz nicht allzu viel gelernt, der 100-Meter-Lauf ist ein Sündenpfuhl geblieben: Dennis Mitchell (1998), Dwain Chambers sowie die Ex-Weltrekordler Tim Montgomery (2005) und Justin Gatlin (2006) kamen gedopt über die Ziellinie. Auch Katrin Krabbe (1992), Kelli White (2003) und Torri Edwards (2004) liefen nicht sauber.

Als Beispiel dafür, wie man nicht erwischt wird, steht Marion Jones. Rund 160 Dopingtests waren negativ, erst ihr Dopinggeständnis entlarvte die US-Sprinterin. Der Kanadier Ben Johnson wurde vor zwei Jahrzehnten schon zwei Tage nach seinen unglaublichen 9,79 Sekunden ausgebremst, entehrt heimgeschickt und Carl Lewis (USA) wurde nachträglich zum Sieger erklärt. „Ich blicke auf Seoul als ein Kapitel meines Lebens zurück“, sagte der heute 46 Jahre alte Johnson am Dienstag. „Zwanzig Jahre danach habe ich begriffen, was mir exakt in Seoul passiert ist und warum.“

Johnson, der als Trainer von Leichtathleten und Fußballern in Ontario sowie mit einer eigenen Kollektion von Sportbekleidung sein Geld verdient, hatte vor zwei Jahren seinen damaligen Kontrahenten Carl Lewis der Sabotage bei den Olympischen Spielen 1988 bezichtigt. Möglicherweise wird er in seiner demnächst erscheinenden Autobiografie unter dem Titel „Seoul to Soul“ („Von Seoul zur Seele“) diese Konspirationstheorie noch einmal aufgreifen.

Nach abgelaufener Dopingsperre und seinem Comeback 1991 konnte Johnson nicht mehr an seine früheren Leistungen anknüpfen. Als man ihn schließlich 1993 erneut des Dopings überführte, wurde er lebenslänglich gesperrt. „Es ist keine Frage, ob ich das alles bedauere, sondern mehr eine, die damaligen Umstände zu begreifen“, sagte Johnson, der mit seiner Vergangenheit offenbar bestens klarkommt: „Ich genieße mein Leben momentan sehr.“ dpa

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