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Sport: 1500-Meter-Lauf: Wenn der König vergeblich tröstet

Eine Olympiade lang ungeschlagen, dennoch nicht Olympiasieger: Hicham El Guerrouj, der Herrscher über die Mittelstrecken, war mit den Nerven am Ende. Vier Jahre lang hatte der Marokkaner für diesen einen Tag in Sydney gelebt, doch der Traum des Wunderläufers von der Goldmedaille wurde über 1500 Meter von Kenias 1000-Meter-Weltrekordler Noah Ngeny zerstört.

Eine Olympiade lang ungeschlagen, dennoch nicht Olympiasieger: Hicham El Guerrouj, der Herrscher über die Mittelstrecken, war mit den Nerven am Ende. Vier Jahre lang hatte der Marokkaner für diesen einen Tag in Sydney gelebt, doch der Traum des Wunderläufers von der Goldmedaille wurde über 1500 Meter von Kenias 1000-Meter-Weltrekordler Noah Ngeny zerstört. Dem Favoriten blieb nur Silber.

Nach dem Scheitern gingen die Emotionen mit ihm durch. Tränenüberströmt stürzte Guerrouj aus dem Innenraum des Stadium Australia, unfähig zu einer Stellungnahme. In den Katakomben der Arena sank der 26-Jährige zu Boden und weinte hemmungslos weiter. Da konnte ihn auch ein Anruf des marokkanischen Königs nicht trösten.

Im Zeitraum zwischen den Spielen in Atlanta und Sydney (also eine Olympiade lang) hatte Guerrouj knapp 50 Rennen über 1500 Meter bestritten und alle gewonnen. Doch Tag für Tag wurde das marokkanische Jugend-Idol dabei von der quälenden Erinnerung an die Spiele von 1996 verfolgt. Am damaligen 3. August war er vor der Schlussrunde gestürzt und hatte so dem in Sydney im Halbfinale gescheiterten Algerier Nourredine Morceli seinen letzten großen Sieg ermöglicht.

"Ich trage das Bild von Atlanta die ganze Zeit bei mir und habe es bei jedem Rennen vor Augen", hatte Guerrouj immer wieder erzählt. Sogar vom Nachttisch im Olympischen Dorf grüßte das Foto seines Missgeschicks. Keiner hätte Gold so verdient gehabt wie der Marokkaner, der während der Siegesserie die Weltrekorde über 1500 Meter (3:26,00), die Meile (3:43,13) und 2000 m (4:44,79) an sich riss. 1997 und 1999 wurde er Weltmeister.

Diesmal scheiterte er nicht an sich selbst, sondern am 21 Jahre alten Aufsteiger Noah Ngeny, der mit einem unwiderstehlichen Spurt nach 3:32,07 Minuten alle Pläne des bis 100 Meter vor dem Ziel führenden Guerrouj (3:32,32) über den Haufen warf. In Bernard Lagat (3:32,44) stürmte ein zweiter Kenianer auf das Siegerpodest.

Ngeny hatte Guerrouj 1997 in Rom noch als Tempomacher zum Weltrekord geführt. In den vergangenen drei Jahren hatte er sich in mehreren Trainingscamps in Australien auf Olympia vorbereitet. Letztmals hatte der dritte 1500-Meter-Olympiasieger vom Stamme der Nandi nach Kip Keino (1968) und Peter Rono (1988) im Februar 2000 in Australien sein Lager bezogen. "Ich bin nicht überrascht. Es war mein Plan, ihm zu folgen. Ich habe kein Mitleid mit ihm. Vielleicht habe ich mir ja was dabei gedacht, dass ich vorher nicht gegen ihn gewonnen habe", meinte Ngeny recht unterkühlt. Das Credo des 21-Jährigen: "Laufen ist mein Beruf, ich will damit Geld verdienen." Die Goldmedaille von Sydney kann ihn zu einem reichen Mann machen.

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