zum Hauptinhalt
Trainer, Erbarmen! Hertha-Verteidiger John Anthony Brooks musste sich eine lange Ansprache von Jos Luhukay anhören.

© dapd

2. Bundesliga: Hertha hat gegen 1860 München Personalsorgen

Heute spielt Hertha BSC gegen 1860 München - Anpfiff ist um 18 Uhr im Olympiastadion. Los Luhukay wird improvisieren müssen, denn viele wichtige Spieler sind verletzt. Aber der Trainer hat bereits einen Plan.

John Anthony Brooks hat wirklich Stehvermögen. 25 Minuten redete sein Coach Jos Luhukay am Mittwoch nach Trainingsende auf ihn ein, es war wild wie eine Tanzchoreographie von DJ Bobo, er ruderte mit den Armen, machte einen Schritt nach links, nach rechts, reckte die Hände zum Himmel und ließ Brooks nicht fröhlich sein. Immer neue Defizite sprudelten aus ihm heraus. Aber der Abwehrspieler von Hertha BSC ertrug es standhaft, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, regungslos, mit militärischer Disziplin. Seine Mitspieler fuhren da schon geduscht nach Hause.

Als Brooks endlich vom Rasen durfte, fing Luhukay nochmal an. Der 19-Jährige kam doch noch Richtung Kabine, aber sein Kopf dürfte gebrummt haben. „Nur ein nettes Gespräch zwischen Spieler und Trainer“, sagte Brooks und hechtete aus Angst vor weiteren Worten davon.

Das nette Gespräch hatte einen handfesten Hintergrund. Luhukay plagten Personalsorgen vor dem Zweitligaspitzenspiel heute gegen 1860 München (18 Uhr, Olympiastadion). In der Offensive waren Ronny (Knöchelprellung) und Sandro Wagner (Magen-Darm-Virus) angeschlagen, schafften es aber ebenso noch in den Kader wie Kapitän Peter Niemeyer (Außenbanddehnung). Aber groß ist die Not in der Abwehr, Roman Hubnik (Oberschenkelzerrung) fällt aus. Die Defensivkräfte Franz, Bastians, Janker, Kobiaschwili und Radjabali-Fardi fehlen noch länger. „Ich bin in Sorge, weil ich nicht weiß, wer bei uns Innenverteidiger spielt“, sagte Luhukay. Niemeyer wäre eine Option, aber wer sichert dann das Mittelfeld? Und das alles gerade, wo Hertha defensiv an Stabilität gewonnen hatte, zumindest bis zum 2:2 in Duisburg.

Da kommt Brooks ins Spiel, oder besser: Er könnte, wenn er wollte. Außer dem Deutsch-Amerikaner steht nur noch ein gelernter Innenverteidiger im Kader für Freitag – der 17-jährige Anthony Syhre, zum ersten Mal. Aber der schlaksige 1,93-Meter-Mann Brooks überzeugt Luhukay bisher nicht, daher das nette Gespräch oder „offene Philosophieren“, wie der Trainer es nannte. „Ich habe ihm gesagt, dass er unglaubliches Potenzial hat und alle Möglichkeiten, auch in der ersten Elf zu spielen“, gab Luhukay den Inhalt der Tanzansprache wieder. Aber da kam ihm zu wenig von Brooks, auch zuletzt bei Einwechslungen. Das Problem bestehe bei einigen Nachwuchsspielern, sie gäben sich zu schnell zufrieden damit, einfach nur dabei zu sein, mal im Kader zu stehen. „Der letzte Schritt, die Mentalität und die Siegesausstrahlung, müssen aus dem Spieler selber kommen.“ Die Frage lautet, ob die Botschaft bis Freitag bei Brooks angekommen ist oder der Kopf noch brummt.

Es ehrt Luhukay, dass er sich intensiv mit den jungen Spielern auseinandersetzt, aber er ist auch darauf angewiesen. Jetzt rächt es sich doch, dass Hertha im Sommer viel in Stürmer investierte, aber mit einigen Fragezeichen in der Abwehr in die Saison ging. Schon mit Peter Pekarik musste spät nachgebessert werden. Und es könnte sein, dass die Berliner noch einen Verteidiger unter Vertrag nehmen, einen derzeit vereinslosen; das geht auch außerhalb der Transferperiode. „Ich sage nicht ja, ich sage nicht nein, wir werden uns in Ruhe Gedanken darüber machen“, sagte Luhukay. „Anfang nächster Woche machen wir eine Bestandsaufnahme.“ Die sieht derzeit personell nicht gut aus.

Bei all dem muss Luhukay gegen 1860 den „schwierigen Grat finden, defensiv stabil zu stehen und offensiv toreffizienter zu werden“. Er weiß, dass die Auftritte zuletzt „nicht immer hochprickelnd waren“, aber vor allem fange „der Erfolg immer hinten an“, in der Abwehr. Und da lässt sich Stabilität nur schwer herbeitanzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false