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Foto: Doris Spiekermann-Klaas

© Doris Spiekermann-Klaas

200 Jahre alt und immer noch attraktiv: Der Wert der Sportvereine

Wenn es den Sportverein nicht schon geben würde, müsste man ihn erfinden, schreibt Tobias Dollase in seinem Gastbeitrag zum 200. Geburtstag des ersten deutschen Turnvereins.

Frisch, fromm, fröhlich, frei - unter diesem Motto eröffnete Friedrich Ludwig Jahn 1811 den ersten deutschen Turnplatz in Berlin. Auf der Hasenheide machte er mit der Einführung von Barren, Reck und Hanteln Turnübungen erstmals populär. Heute erinnert noch ein Denkmal im Volkspark an dieses historische Ereignis. Die allgemeine Turnbewegung setzte sich in Gang und am 2. September 1816 wurde die Hamburger Turnerschaft gegründet, die sich als ältester Turnverein der Welt bezeichnet. Was unter Turnvater Jahn begann, hat sich in letzten 200 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt.

In der Sportmetropole Berlin wurde der Grundstein für die größte Bürgerbewegung in Deutschland gelegt. Während das Turnen zu Beginn noch unter starkem Einfluss von Leibesertüchtigung zur Wehrerziehung stand, haben sich der Sport und seine Vereine im Laufe der Zeit immer weiter entwickelt und an sich verändernde Herausforderungen angepasst.

Heute zählt der Dachverband des Deutschen Sports (DOSB) über 90 000 Sportvereine und mehr als 27 Millionen Mitglieder. Anders ausgedrückt, knapp ein Drittel der Bevölkerung gehört einem Sportverein an.

Als weltweit größter Sportverein hat der FC Bayern München e.V. über 270 000 Mitglieder. In Berlin ist Hertha BSC e.V. mit über 30 000 Mitgliedern, der größte von über 2000 Sportvereinen in der Hauptstadt. Sportvereine sind heute viel mehr als der Zusammenschluss von Menschen, die im Verein trainieren. Der Sportverein ist heute mehr denn je Zeichen bürgerlichen, demokratischen Engagements.

Hinter diesem etwas sperrigen Begriff steht das Phänomen, gemeinsam Sport treiben heißt automatisch auch soziale Kontakte knüpfen. Sich im Verein sportlich zu engagieren, heißt aber auch, fit zu werden, eigene Talente zu entwickeln und auszubauen und neue Fähigkeiten zu erwerben. Nicht nur im sportlichen Sinne, sondern auch im gesellschaftspolitischen Sinn leisten Sportvereine Großartiges: Respekt, Toleranz, Fairness, Teamgeist und Solidarität – all das kann  der Sportverein vermitteln und sorgt damit für den sozialen Kitt in unserer Gesellschaft.

Sportvereine haben nach wie vor einen großen Zulauf

Heute stehen die Sportvereine unter dem Einfluss gesellschaftlicher Herausforderungen. Die demografische Entwicklung, veränderte Lebensstile sowie sich wandelnde Wertvorstellungen sind der Grund dafür, dass die positive Mitgliederentwicklung kein Selbstläufer ist. Vereine haben es heute schwerer als noch vor einigen Jahren, Mitglieder zu werben oder bei der Stange zu halten. Ein Rückgang bei sportbegeisterten Menschen, die sich im Verein engagieren wollen, ist nicht unbedingt auf mangelndes Interesse zurückzuführen. Aktiv Aufgaben in einem Verein zu übernehmen, ist häufig mit modernen Lebensformen und Arbeitszeiten schwierig zu vereinbaren.

Trotz sich ändernder Rahmenbedingungen stellen Sportvereine aber nach wie vor ein attraktives Angebot dar und haben – erfreulicherweise – in Berlin immer noch großen Zulauf. Die Attraktivität des Vereinssports beschränkt sich schließlich nicht mehr nur auf die körperliche Bewegung in ihren vielfältigen Formen und Leistungsstufen. Der Sportverein ist ein sozialer Raum, der Gemeinschaftserlebnisse ermöglicht und gleichzeitig die Individualität des Einzelnen anerkennt. Sport fördert Persönlichkeitsbildung und –entwicklung, schafft neue Erfahrungsräume und dient nicht zuletzt Gesundheitsförderung und Prävention.

Insoweit stellt der Sportverein seit nunmehr 200 Jahren ein einmaliges Erfolgsmodell bürgerschaftlichen Engagements dar. Wenn es den Sportverein nicht schon geben würde, müsste man ihn erfinden. Insoweit ist das Jubiläum ein wunderbarer Anlass, allen Vereinen und deren aktiven Mitgliedern zu gratulieren und Danke zu sagen!

Tobias Dollase ist Vizepräsident-Jugend des Landessportbunds Berlin und Vorsitzender der Sportjugend Berlin.

Tobias Dollase

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