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90 MINUTEN mit …: Ashkan Dejagah

Die Rückkehr des Wolfsburgers nach Berlin

Wenn Wolfsburg kommt, pfeifen die Berliner noch lauter als beim FC Bayern. Der VfL ist eine Art Berliner Filiale geworden, drei frühere Herthaner stehen am Samstag in der Anfangself. Beim letzten Gastspiel im Februar bekam der abgewanderte Marcelinho den Ärger der Fans zu spüren, diesmal geht sein Auftritt beinahe unter. Das Publikum hat sich einen neuen Buhmann ausgeguckt. Ashkan Dejagah, den 21-jährigen Deutsch-Iraner, ausgebildet in Herthas Jugendabteilung.

Dejagah wollte in Berlin das werden, was Marcelinho einmal war. Als er sich bei der Vergabe des Spielmacherpostens übergangen fühlte, wechselte er beleidigt und ablösefrei nach Wolfsburg. Manager Dieter Hoeneß hat damals ein ziemliches Bohei gemacht, von Undankbarkeit geredet und davon, dass die junge Spielergeneration keinen Charakter mehr habe. Dejagah will auf dem Rasen eine Antwort geben.

Wolfsburgs Trainer Felix Magath sagt, Dejagah sei einer der talentiertesten Spieler, mit denen er je gearbeitet hat. Der Hochbegabte mit dem kahlgeschorenen Kopf ist in der ersten Halbzeit der auffälligste Wolfsburger Spieler. Es ist eine schwache Wolfsburger Halbzeit, und das liegt vielleicht auch daran, dass sich die beiden Kreativkräfte gegenseitig im Weg stehen. Dejagah fordert und bekommt die Bälle, die Marcelinho früher stark gemacht haben. Manchmal wirkt es so, als ordne sich der filigrane Routinier dem stürmischen Nachwuchsmann unter. Dieser Wertschätzung wird Dejagah lange Zeit nicht gerecht. In der entscheidenden Zone, um die 30 Meter vor dem Tor, fällt ihm nichts mehr ein.

Dafür ist er maßgeblich am Berliner Führungstor beteiligt. Kurz vor der Mittellinie lässt er sich von Sofian Chahed den Ball abjagen. Dejagah bleibt stehen, Chahed läuft noch ein paar Meter, dann flankt er hoch und weit in den Strafraum, direkt auf den Kopf von Marko Pantelic, der zum überfälligen 1:0 trifft.

Die zweite Halbzeit erlebt vor allem deshalb einen besseren VfL, weil Marcelinho jetzt die gestaltende Rolle an sich reißt. Davon profitiert auch Dejagah. Befreit von der Führungsaufgabe setzt er schnell ein Signal, sein Schuss aus knapp 30 Metern Torentfernung streicht knapp am rechten Eck vorbei. Kurz darauf macht er es besser. Nach einer zu kurz abgewehrten Ecke Marcelinhos jagt Dejagah den Ball von der Strafraumgrenze mit dem linken Fuß in die linke Ecke, Herthas Torhüter Jaroslav Drobny unternimmt nicht mal den Versuch einer Rettungstat.

Jetzt ist Dejagah im Spiel, er läuft und trickst und grätscht. Bei jedem Ballkontakt begleiten ihn Pfiffe, er scheint sie als Motivation aufzufassen. Nach schönem Dribbling landet eine Flanke am Außennetz. Dejagah wird übermütig und sieht für einen Tritt gegen Pal Dardai die Gelbe Karte. Die spielentscheidende Szene, Solomon Okoronkwos wunderschönen Schuss zu Herthas 2:1-Sieg, erlebt der Neu-Wolfsburger als unbeteiligter Zuschauer am linken Strafraumeck. Ausgerechnet Okoronkwo. Wie Dejagah hatte sich der Nigerianer bei Hertha nicht richtig gewürdigt gefühlt, war aber mangels anderer Angebote in Berlin geblieben. Sven Goldmann

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