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Sport: 90 MINUTEN MIT Michael Ballack

Wie Bayerns Spielmacher das Pokalfinale erlebte

Vor dem Anpfiff streicht er sich noch einmal durchs Haar. Michael Ballack ist bereit für das Pokalfinale. Eine paar Minuten später rennt er jubelnd über das Feld. Mit dem Kopf hat er das 1:0 erzielt. Owen Hargreaves hatte die Flanke in den Strafraum gezirkelt, Ballack war in Position gelaufen und hochgesprungen – und Tor. Es war sein zweiter Ballkontakt. Seine 1,89 Meter Körpergröße sind sein Vorzug, die meisten Tore erzielt Ballack mit seinem Haupt. Ja, der 26-Jährige trägt seinen Kopf wie ein Haupt. Seine ganze Körpersprache ist so. Selbst wenn er grätscht, sieht es elegant aus. Im Fußballer Ballack bündeln sich Athletik und Ästhetik zu einer Mixtur, die an Franz Beckenbauer erinnert. Als er vor einem Jahr von Leverkusen zu den Bayern wechselte, sagte Beckenbauer: „Er spielt so wie ich früher.“

Majestätisch durchschreitet Ballack das Spielfeld. Sein Trikot mit der Nummer 13 hat er wie immer aus der Hose gezogen. Es sieht lässig aus. Nach nur fünf Minuten lässt Ballack sich von einem Betreuer eine Trinkflasche reichen; noch nie hat er ein Endspiel gewonnen. Im vergangenen Jahr verlor er das DFB-Pokalfinale gegen Schalke und das Champions-League-Finale gegen Real Madrid. Mit den Bayern soll es nun anders sein. Meister ist er vor wenigen Wochen geworden. Und jetzt Pokalsieger? Noch ehe er darüber sinnieren kann, ist er am Elfmeterpunkt gefragt. Keiner seiner Mitspieler drängt sich vor – das ist Chefsache. Natürlich verwandelt Ballack, was man schon daran erkennt, dass keiner seiner Mitspieler groß jubelt. Sie alle sind davon ausgegangen, dass er trifft. Einzig Samuel Kuffour springt dem Torschützen auf den Rücken. Da sind zehn Minuten gespielt.

Einen Angriff später springt Michael Ballack wieder hoch. Doch in diesem Sprung ist keine große Leidenschaft. Ballack hat früh erkannt, dass dieser Ball nicht verwertbar ist. Nicht jeder auf dem Rasen ist mit diesem Früherkennungssystem ausgestattet. Deshalb ist Ballack Bayerns Regisseur, so, wie Stefan Effenberg das in den vergangenen Jahren war.

Ballack macht keinen Schritt zu viel. Wenn er nicht den Ball hat, macht er ein, zwei Schritte zur Seite und stellt so die Räume zu. Meistens reicht das, es zwingt den Ball führenden Spieler zum Abspielen. Auch am dritten Münchner Tor ist er beteiligt. Ballack sieht seinem Pass hinterher, schaut, wie Pizarro den Ball ins Netz hebt und spendet höflich Applaus.

Ballack mag es, wenn er das Spiel vor sich hat. Nach einer gespielten Stunde schießt er mal wieder selbst aufs Lauterer Tor. Er trifft den Ball nicht voll – verzogen. Niemand in der Bayern-Kurve pfeift. Ihm verzeihen sie das. Nur 60 Sekunden später schickt er mit einem feinen Pass Willy Sagnol auf die Reise. Der verzieht zwar auch, aber für den Pass gibt es Beifall. In der letzten halben Stunde beschränkt sich Ballack darauf, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. Das Lauterer Gegentor nimmt er gelassen hin.

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