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Zwei Finger für ein Halleluja. Lewis Holtby bedankt sich ganz oben. Foto: AFP

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Sport: Acht Tore in 45 Minuten

Wechselwilliger Holtby lässt Schalke jubeln.

Gelsenkirchen - Mirko Slomka stand in den Katakomben und ruderte mit den Armen. „Meine Mannschaft sitzt schon komplett im Bus, und ich laufe noch hier rum“, sagte der Trainer von Hannover 96 sichtlich genervt. Er hatte noch ein paar Interviewtermine vor sich, was ihm zu diesem Zeitpunkt keine Freude machte. Slomka hatte die Nase voll von diesem Abend, an dem seine Mannschaft zwar vier Treffer erzielt hatte, und dennoch das Feld nach einem „spektakulären Spiel“ als Verlierer verlassen musste.

Zweimal Szabolcs Huszti sowie Sergio Pinto und Mame Diouf per Fallrückzieher des Monats hatten für die Niedersachsen getroffen. Ein paar Meter entfernt von Slomka war die Freude über das 5:4 (1:0) des FC Schalke 04 deutlich größer. „Die Verantwortlichen von uns, die einen Herzschrittmacher haben, die tun mir leid“, sagte Lewis Holtby nach diesem überaus tor- und fehlerreichen Fußballspiel.

Der Star des Abends war aber nicht das spektakuläre Spiel selbst, sondern es war vor allem Lewis Holtby. Daran konnten zu dieser späten Stunde in Gelsenkirchen keine Zweifel mehr aufkommen. Rein sportlich hatte er mit zwei Torvorlagen und einem erzielten Treffer zum zwischenzeitlichen 5:3 sowie einer beachtlichen kämpferischen und spielerischen Leistung einen großen Anteil am so lange herbeigesehnten Erfolg seiner Mannschaft. Zudem trafen Jefferson Farfan, Julian Draxler, Marco Höger und Ciprian Marica für die Schalker. Aber auch in Sachen Akzeptanz im Schalker Umfeld hatte der 22-Jährige einen großen Schritt getan.

Wie Holtby nach der Partie eingestand, war er vor der Begegnung sehr angespannt. Er wusste einfach nicht, wie das Schalker Publikum auf ihn reagieren würde, nachdem er in der Winterpause seinen Wechsel zu Tottenham Hotspur auf die britische Insel verkündet hatte – und dies als einen wahr gewordenen Traum bewertete. Und als jetzt auch noch bekannt wurde, dass die Engländer mit Manager Horst Heldt bereits darüber verhandeln, ob Holtby bis zum 31. Januar, innerhalb der laufenden Transferperiode, nach London wechselt, hatte er mit Pfiffen und wohl auch mit einigen unflätigen Bemerkungen von Seiten des Publikums gerechnet. Doch nichts von alledem trat ein, er wurde geradezu freundlich begrüßt. „Die Reaktion der Fans war hervorragend. Das war absolut sensationell“, sagte Holtby erleichtert. Er hatte sich in den vergangenen Tagen mit intensivem Mentaltraining auf dieses Situation vorbereitet. „Ich habe viele Konzentrationsübungen gemacht. Ich wollte mich voll auf dieses Spiel fokussieren“, sagte er. „Denn ich habe immer gesagt, dass ich mir in jedem anstehenden Spiel für Schalke den Arsch aufreißen werde.“

Und doch ist es wohl so, als sei es der letzte Auftritt im Trikot der Schalker für Holtby gewesen. „Ich will hier niemanden anlügen. Meine Berater und Horst Heldt klären das. Einen weiteren Kommentar möchte ich dazu nicht abgeben“, sagte Holtby zum wahrscheinlich frühzeitigen Wechsel nach England.

Mit Raffael und der anstehenden Verpflichtung von Michel Bastos von Olympique Lyon für rund sieben Millionen Euro haben die Schalker bereits für Ersatz gesorgt. Doch nicht nur Holtby war auf Seiten der Schalker einer der Profiteure des Tages. Auch Jens Keller konnte nach seinem ersten Bundesligaspiel als Schalke-Trainer durchatmen. „Ich habe die Kritik zwar wahrgenommen, aber nie an mich herangelassen“, sagte der Nachfolger von Huub Stevens. Die Talfahrt der Schalker nach sechs sieglosen Bundesligaspielen ist damit erst einmal gestoppt. Und dies, obwohl sich die Schalker Abwehr alles andere als konkurrenzfähig erwies.Jörg Strohschein

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