zum Hauptinhalt

Alba Berlin: Wer Riesen will, muss Zwerge suchen

Alba holt sich den Basketball-Nachwuchs an Berlins Schulen. Mit Erfolg: Die Hallen sind voll, der erste Titel ist gewonnen.

Berlin - Vier Väter, drei Mütter, zwei aufgeklappte Laptops, ein Handy für Dienstgespräche und diverse Stricknadeln in Aktion: Mittwoch kurz nach 17 Uhr, Halbzeit beim Training der jüngsten Basketballer von Alba Berlin. Rund 40 Jungen und Mädchen der Jahrgänge 2000 und 2001 toben durch die Seitenhalle der Max-Schmeling-Halle – und manche Eltern haben ihr Büro auf den Fußboden am Spielfeldrand verlegt. Sie arbeiten und beobachten dabei, wie der Nachwuchs, von drei Trainern betreut, mit und ohne Ball übers Feld wetzt. Unter jedem Korb steht ein kleiner Kasten, auf dem ein Kind thront und auf den Ball wartet, um schließlich aus sicherer Position den Korb zu machen, der wie bei den Profis in einer Höhe von 3,05 Meter hängt.

Paul Walker, der Achtjährige in schwarzem Basketballtrikot und knielanger Hose, läuft sich immer wieder eifrig frei, kommt aber nicht allzu oft an den Ball. „Ich will Profi werden, aber ich glaube nicht mehr, dass das was wird“, sagt er, „in letzter Zeit war ich nicht mehr so gut.“ Als Fünfjähriger wohnte er in Neukölln, spielte aber bei den Weddinger Wieseln, wo schon Kindergartenkinder trainieren können. Dann sollte es Alba sein. Der Klub nimmt in den unteren Altersklassen nur Kinder aus Pankow, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg auf, weil Alba anderen Vereinen keine Kinder wegnehmen will und es in diesen Stadtteilen bislang kaum Basketballangebote gab. „Paul lebt für den Basketball. Wegen Alba sind wir nach Prenzlauer Berg gezogen“, sagt Pauls Oma Kornelia Krüger. „Wir sind von dem Konzept überzeugt. Andere Trainer schreien nur rum, das ist hier anders.“

Vielleicht hat sich auch das rumgesprochen. Jedenfalls musste Alba im Sommer einen Aufnahmestopp verhängen. Nur wer sich in einem sechstägigen Schnupperkurs durchsetzt oder in der Schule gesichtet wird, darf das Alba-Trikot tragen. Das war 2004 noch anders. Damals beschrieb Sportdirektor Henning Harnisch, der Albas Jugendkonzept federführend entwickelt hat, die östliche Innenstadt als „Basketball-Diaspora. Basketball hatte in der DDR keine Tradition.“ Mit zwei Jugendteams begann Alba vor vier Jahren, mittlerweile sind es 23, bis 2012 sollen es 50 werden. Trainiert wird in Albas 2007 eröffneter Jugendhalle in der Knaackstraße, in der Max-Schmeling-Halle, dem Sportforum und einer Schulhalle in Weißensee. Aber die Hallenzeiten reichen nicht. Mittelfristig träumt Harnisch von einem richtigen Trainingszentrum für alle Teams, derzeit laufen erst einmal Gespräche über die Nutzung zweier weiterer Hallen. Eine davon ist die im Bau befindliche Halle der Phorms-Schule, einer Privatschule in Mitte, mit der Alba kooperiert.

Mit 44 Schulen zwischen Wedding und Neukölln arbeitet Alba zusammen, dazu kommen 16 weitere in Brandenburg. Alba stellt Trainer für Basketball-AGs, schickt gelegentlich seine Profis zu den Kindern und verteilt Freikarten. „Unser Ziel ist ein berlinweites Schulprogramm, sofern es Partnerklubs gibt“, sagt Harnisch. Vereine wie TuS Neukölln und TuS Lichterfelde sind schon eingebunden, ihre Trainer leiten die Schul-AGs, um Kinder zunächst für Basketball zu begeistern. Allein schaffen das Albas 30 Jugendtrainer nicht mehr, von denen fünf hauptamtlich tätig sind, darunter der ehemalige Profi und Profitrainer Henrik Rödl. „Arbeitsgemeinschaften genügen aber nicht“, sagt Harnisch, „da kriegt man Hallenzeiten und vielleicht einen Schlüssel, ist aber nicht Teil der Schule.“ Um das zu ändern, bieten Alba-Trainer in fünf Ganztagsschulen zusätzliche Sportstunden an, etwa als Wahlpflichtfach wie an der Phorms- Schule.

Albas Jugendarbeit sei „ein soziales Anliegen“, sagt Harnisch, außerdem „wird so die nächste Generation von Bundesliga- und Nationalspielern planbarer“. Der Senat hat den Start des zusätzlichen Sportunterrichts an den fünf Schulen mitfinanziert. „Das ist ein zukunftsweisendes Projekt. Bei Profiklubs denkt man manchmal an Profitgier. Deshalb ist es gut, wenn ein Profiklub so etwas macht“, sagt Thomas Poller, Schulsportreferent der Senatsverwaltung. „Alba ist der Leuchtturm. Der Name zieht.“

Der Erfolg stellte sich schon bald ein. Die Jungen, die 2004 mit Basketball anfingen, sind im Juni Deutscher Meister der U 14 geworden. Finalgegner war TuS Lichterfelde, der Klub, der Alba jahrelang Nachwuchsspieler geliefert hat. Diese Zeiten sind gerade zu Ende gegangen, Alba hat inzwischen in allen Jahrgängen eigene Teams. Das sei kein Grund für Missmut bei TuSLi, sagt Ute Radeklau von der Basketballabteilung der Lichterfelder. „Wir haben den Süden, Alba den Osten.“

Albas jüngsten Spielern sind solche Überlegungen egal. „Talent ist eine Sache“, sagt Catrin Herfet, Trainerin von Paul Walker. „Aber wir schauen uns auch Motorik und den Umgang mit dem Ball und den anderen Kindern an.“ Es geht um ein Grundlagentraining, mit dem die Kinder auch zur Leichtathletik wechseln können. „Ein paar hier haben sehr viel Potenzial“, sagt Catrin Herfet. Paul träumt seinen Traum vom Basketballprofi weiter.

Helen Ruwald

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false