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Marco Baldi, 48, lenkt seit 20 Jahren die Geschicke von Alba Berlin, zurzeit als Geschäftsführer. Der am Freitag entlassene Luka Pavicevic (l.) war der fünfte Alba-Trainer in dieser Zeit nach Faruk Kulenovic, Svetislav Pesic, Emir Mutapcic und Henrik Rödl. Foto: Camera4

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Albas Trainerentlassung: „Luka hat sich nichts vorzuwerfen“

Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi spricht im Tagesspiegel-Interview über die Trennung von Coach Pavicevic, eigene Fehler und die Trainersuche - einen Favoriten gibt es bereits

Herr Baldi, nach dem Play-off-Aus im Frühjahr haben Sie ohne Wenn und Aber an Luka Pavicevic festgehalten. Wann haben Sie jetzt angefangen, erstmals an Ihrem Trainer zu zweifeln?

Nach außen sah das vielleicht wie kopflose Nibelungentreue aus, intern wird bei uns aber immer alles kritisch analysiert. Wir umarmen uns nicht die ganze Zeit und haben uns lieb. Wir waren aber immer der Meinung, dass Luka ein Trainer ist, wie es nur sehr wenige in Europa gibt. In den letzten Wochen hat allerdings das Gefühl zugenommen, dass unser Potenzial nicht zum Tragen kommt und wir uns nicht weiterentwickeln. Es gab Tiefs, die aus heiterem Himmel kamen. Irgendwann nimmt dann das Gefühl überhand, dass man etwas verändern muss.

Wenn Sie auf die Ära Pavicevic zurückblicken: Waren es vergebene Jahre für Alba?

Davon würde ich nicht sprechen. Wir haben mit Luka eine Meisterschaft und einen Pokalsieg errungen und ein hochkarätiges Europapokal-Endspiel erreicht. Nach den Bundesliga-Hauptrunden waren wir immer ganz vorne mit dabei. Wir hatten eher in den Play-offs Probleme, wenn es um die Wurscht ging. Man kann das nicht nur an Titeln bewerten: Andere Trainer und Klubs sagen uns, dass Luka der einzige Coach in den vergangenen fünf Jahren war, der einen spielerischen Impuls in die Bundesliga gebracht hat. Einige Teams haben unsere Systeme übernommen. Das ist auch ein Qualitätsmerkmal – allerdings nicht das entscheidende.

Der Verein hatte seine Zukunft eng an die Person Luka Pavicevic geknüpft. War das ein persönlicher Fehler von Ihnen?

Ich glaube nicht, dass ich alles richtig gemacht habe. Das habe ich noch nie geglaubt. Ich treffe meine Entscheidungen aus Überzeugung und unter der Zuhilfenahme aller Personen im Verein, die Fachkenntnis haben – Axel Schweitzer, Dieter Hauert, Henning Harnisch, Mithat Demirel. Unser Leitsatz und Maßstab ist: Was ist das Beste für den Klub? Wenn dann die Erfolge ausbleiben, ist klar, dass wahrscheinlich nicht alles richtig war.

Es gibt noch keinen Nachfolger für Pavicevic. Das ist ungewöhnlich für Alba.

Wir laufen nicht komplett unvorbereitet in die Situation rein. Ein neuer Trainer muss aber die Möglichkeit haben, noch etwas gestalten zu können. Deshalb muss man manchmal für Fakten sorgen und sich selbst unter Druck setzen.

Wie nah sind Sie an der Vertragsunterschrift mit dem neuen Trainer?

Wir sprechen erst darüber, wenn wir fertig sind. Zwischenberichte bringen nichts. Jetzt kommen natürlich aus allen Ecken Angebote, da sind aber keine Überraschungen dabei. Wir haben unseren Wunschkandidaten – und jetzt versuchen wir, das hinzukriegen. Wir stehen selbstverständlich unter Zeitdruck. Es muss schnell gehen.

Bis Ende Februar sind noch Transfers möglich. Wird der neue Trainer auch neue Spieler verpflichten können?

Ich will das nicht ausschließen, ein komplettes Umkrempeln der Mannschaft wird es aber mit Sicherheit nicht geben.

Was hat die Trennung von Pavicevic für finanzielle Konsequenzen für Alba?

Das wird sicher eine Zusatzbelastung. Wie groß? Das weiß ich jetzt noch nicht.

Wie nahe ist Ihnen die Entlassung persönlich gegangen?

Es war schmerzhaft. Es gibt wenige, die sich derart mit dem Klub, seinen Zielen und Albas Historie identifiziert haben, Luka hat sich komplett für den Verein verausgabt. Da hat er sich überhaupt nichts vorzuwerfen. Es wäre schön, wenn das immer bei allen so wäre.

Das Gespräch führte Lars Spannagel.

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