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Sport: Alleinherrscher unter Betrugsverdacht

Ruben Acosta, selbstherrlicher Präsident des Volleyball-Weltverbandes, steht vor Gericht

Berlin - Einst hat Ruben Acosta Kraft seines Amtes befohlen, vor Beginn der Beachvolleyball-WM 1995 in Rio de Janeiro eine Holzbrücke von seinem Luxushotel an der Copacabana zum Strand zu errichten, damit er das Stadion erreichen konnte, ohne seine Füße auf die belebte Straße setzen zu müssen. In Volleyballkreisen wird diese Geschichte als legendäre Anekdote erzählt, weil sie belegt, mit welcher Selbstherrlichkeit der Mexikaner sein Amt als Präsident des Volleyball-Weltverbandes FIVB ausübt. Seit er 1984 zum FIVB-Chef aufgestiegen ist, habe sich Acosta, sagen seine Kritiker, zum Alleinherrscher entwickelt.

Doch nun bröckelt seine Position. Acosta ist ein Fall für die Justiz, heute beginnt in Lausanne, dem Sitz der FIVB-Zentrale, ein Prozess gegen den 72-Jährigen, bei dem es um Millionenbeträge geht, die Acosta im Laufe seiner Amtszeit rechtswidrig in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Allein der Umstand, dass Acosta vor Gericht muss, darf als Sensation gewertet werden. Schließlich galt es im FIVB nach Ansicht vieler Beobachter jahrelang als Naturgesetz, dass der Mexikaner nach Gutdünken habe schalten und walten können.

Doch in Mario Goijman hat Acosta seit ein paar Jahren einen unerbittlichen Gegner. Goijman war Präsident des argentinischen Volleyball-Verbands und Organisator der Volleyball-WM 2002 in Argentinien. Nachdem er gefordert hatte, dass sein Verband an den Fernsehgeldern beteiligt wird, ist Goijman von Acosta mit fadenscheinigen Argumenten kurzerhand abgesetzt worden. Doch der FIVB-Chef hatte nicht mit der Beharrlichkeit des Pharmazie-Unternehmers gerechnet. Goijman recherchierte intensiv über Acostas Geschäftsgebaren, publizierte seine Ergebnisse im Internetportal www.volleygate.org und stellte Strafanzeige. „Ich will Gerechtigkeit“, sagte er in Lausanne. „Ich weiß, dass Acosta viele illegale Dinge getan hat.“ Der Argentinier wird beim Prozess dabei sein.

Goijmans Vorwürfe stützen sich unter anderem darauf, dass in dem Bericht eines Wirtschafts-Prüfungsunternehmens über das FIVB-Geschäftsjahr 2000 der Anhang III fehlte, in dem die Zahlung von 8,32 Millionen Schweizer Franken auf Acostas Konto dokumentiert sein soll. Geld, das Acosta auch aus lukrativen Fernsehverträgen abgezweigt haben soll. Insgesamt habe Acosta mindestens 18 Millionen Dollar an FIVB-Mitteln für sich verbucht, behauptet Goijman.

Mit Acostas Geschäften, ehemaliges Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hatte sich schon die IOC-Ethikkommission beschäftigt. Die Untersuchungen wurden eingestellt, nachdem Acosta 2004 zurückgetreten war. „Aus Altersgründen“, wie er mitteilen ließ.

Eine Schlüsselrolle bei der Wahrheitsfindung könnte Jean-Pierre Seppey zukommen. Der frühere Generalmanager der FIVB sitzt einerseits von heute an neben Acosta und dem ehemaligen FIVB-Schatzmeister Franz Schmied auf der Anklagebank. Seppey soll laut Anklage Acosta bei den mutmaßlichen finanziellen Unregelmäßigkeiten geholfen haben. Andererseits verkündete Seppey, der seine Unschuld beteuert, er habe einen Zivilprozess gegen seinen ehemaligen Boss angestrengt. Seppey war 2005 bei der FIVB entlassen worden, nun fordert er von seinem früheren Arbeitgeber 6,9 Millionen Schweizer Franken Gehalt sowie Kommissionen für Verträge mit TV-Sendern und Sponsoren.

Goijman weiß zwar, dass Seppey „seine eigene Schlacht austrägt“, hofft aber dennoch auf Unterstützung durch den Schweizer: „Ich will, dass er die Wahrheit sagt, weil er keinen Anlass mehr hat, Acosta zu decken.“

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