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Sport: Alpine Ski-WM: Staunen über die eigene Geschwindigkeit

Florian Eckert war gerade ins Ziel gekommen, da schrie ihn schon sein Vorgesetzter an. "Du bist ein Wahnsinniger", brüllte Martin Oßwald, der Cheftrainer der deutschen Skifahrer.

Florian Eckert war gerade ins Ziel gekommen, da schrie ihn schon sein Vorgesetzter an. "Du bist ein Wahnsinniger", brüllte Martin Oßwald, der Cheftrainer der deutschen Skifahrer. Wahnsinnig? Den Eindruck vermittelte Florian Eckert nicht. Ein guter Skifahrer halt, so gut, dass er bei der Weltmeisterschaftsabfahrt in St. Anton auf Platz drei fuhr, und das an seinem 22. Geburtstag. Es war die erste deutsche Abfahrtsmedaille seit zwölf Jahren. Damals hatte Hans-Jörg Tauscher Gold gewonnen.

Nach Eckerts furioser Fahrt war die WM am Arlberg um eine Sensation reicher, das heißt, eigentlich waren es zwei. Platz drei für Eckert war die eine, der Sieg für Hannes Trinkl die zweite. Hermann Maier, der ganz große Favorit, musste sich hinter seinem österreichischen Landsmann mit Platz zwei zufrieden gegeben. Im Super-G-Rennen hatte es für Maier nur zum dritten Platz gereicht. Beinahe hätte Eckert den Österreichern komplett die Schau gestohlen. Trinkl ließ sich im Zielraum schon als Weltmeister feiern, da brauste der unbekannte Deutsche ins Tal, mit Startnummer 25 und Bestzeiten bis zur letzten Zwischenzeit. Am Ende reichte es zu Platz drei, und den feierte der Unteroffizier aus Bad Tölz wie einen Sieg.

Zuvor hatte der in Lörrach geborene Eckert mit zwei 18. Abfahrtsplätzen seine bislang besten Weltcup-Resultate herausgefahren. Platz drei - war das Zufall, Glück? Sensationen werden häufig so erklärt. Hatte Florian Eckert nur Glück? Startnummer 25 war sicher keine Hilfe. Die Elite, die wählen darf, hatte angesichts der Wärme durchweg niedriegere Nummern ausgesucht. Ist Eckert ein Zufallsdritter? Er sah es nicht so: "Ich war hier im Training immer vorne mit dabei." Sicher hatte er einen schnellen Ski - ausgerechnet auch noch von Hermann Maiers Ausrüster. Aber fahren, so schnell fahren, musste Florian Eckert selbst.

Oben am Start rechnete er mit einer "recht weichen Partie", unterwegs ahnte er lange nicht, wie schnell er fuhr. Knapp sieben Zehntel Sekunden büßte er dann doch noch auf Sieger Hannes Trinkl ein, und das war nun auch so ein Thema. Warum? Hermann Maier tippte auf fehlende Kraft, Eckert sah es anders: "Vor dem Zielsprung bin ich schräg raus, das hat Zeit gekostet. Dass mir nur die Kraft ausgegangen ist, lasse ich nicht gelten." Maier muss ja nicht immer Recht haben, der kennt ihn ja gar nicht genau. "Nächtelang miteinander diskutiert haben wir noch nicht", sagte Eckert.

Der Superstar, der Zweiter wurde, und der Überraschungsdritte können das in Zukunft ja nachholen. Florian Eckert hat seine Bronzemedaille beherzt herausgefahren. Er hat danach Späßchen gemacht, die Freude packte ihn, das Staunen. Ein ernsthaftes Wort schloss das nicht aus: "Deswegen bin ich noch kein Star. Ich bin heute die drittbeste Zeit gefahren, das ist es." Natürlich macht ihn das Erfolgserlebnis von St. Anton noch nicht zum Star. Aber er konnte den Beweis antreten, dass die deutschen Männer tatsächlich wieder im Kommen sind. Immerhin belegte Max Rauffer gestern noch Rang zehn. Der ungewöhnliche 22. Geburtstag des Florian Eckert hat Oßwalds Garde erst einmal vom Ruf befreit, die deutschen Herren führen generell zu langsam.

Franz Metzger

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