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Sport: Alves packt die Koffer

Herthas Stürmer ist unzufrieden – bleibt er in Berlin?

Berlin. Alex Alves ist im Stress. In seiner Wohnung türmen sich Umzugskisten, Bilder müssen von der Wand genommen werden, Schränke auseinander geschraubt. „Alex hat richtig viel zu tun“, sagt Alcir Pereira, Herthas Dolmetscher. „Er packt in dieser Woche seine Sachen, Alex zieht weg.“ Verlässt der Stürmer Hertha BSC? „Nein, um Gottes Willen, Alex hat in Berlin nur eine andere Wohnung gefunden.“

Mit den Umzugskisten ist das aber so eine Sache. Ob der Stürmer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC auch in der kommenden Saison in Berlin spielen wird, ist nicht eindeutig geklärt. Der Vertrag des Brasilianers läuft bis Juni 2004, dann wäre er ablösfrei. Wenn Hertha noch etwas Geld für den 28-Jährigen sehen will, dann nur, wenn sich der Klub im Sommer von Alves trennt.

Besonders gut ist dessen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber derzeit nicht. Vor zwei Wochen, nachdem Alves in den Spielen zuvor äußerst bescheidene Leistungen gezeigt hatte, fand Herthas Manager Dieter Hoeneß deutliche Worte: „Wenn jemand nur 60 Prozent Leistung zeigt, habe ich kein Verständnis. Wenn das jemand nicht begreift, werden wir ihn zwingen – oder uns von ihm trennen.“ Schließlich sagte Hoeneß: „Vielleicht wird der Einschnitt im Sommer größer sein, als wir dachten.“

In den vergangenen beiden Spielen saß Alves auf der Ersatzbank, seine Kollegen zeigten auch ohne ihn guten Fußball. Hertha gewann 6:0 gegen 1860 München, am vergangenen Wochenende dann 3:0 in Nürnberg. „Dort hätte ich ihn bringen können, natürlich“, sagt Herthas Trainer Huub Stevens. „Aber wir wollten in Nürnberg permanent Druck machen.“ Die Mannschaft sollte aufrücken und sich nicht in die eigene Hälfte zurückdrängen lassen. Alves’ Stärke, die Schnelligkeit, war da weniger gefragt. Er ist ein guter Konterspieler und benötigt gewisse Freiheiten auf dem Spielfeld. Stevens setzte in beiden Spielen auf Michael Preetz und Luizao – mit Erfolg: Gegen 1860 schoss Luizao sein erstes Saisontor, Preetz erzielte in beiden Spielen drei Treffer.

Es ist gar nicht so lange her, da stand Alves im Mittelpunkt. In drei Spielen im Februar erzielte er fünf Tore und bereitete zwei weitere vor. „Aber mit Lob kann er offenbar nicht umgehen“, hat Hoeneß jetzt gesagt und gleich hinterhergeschoben: „Alves bestimmt die Perspektive.“ Nur wo liegt sie? Hertha hat vor etwas mehr als drei Jahren 7,5 Millionen Euro für Alves nach Brasilien überwiesen, er ist mit einem geschätzten Jahresgehalt von 2,2 Millionen Euro Herthas Spitzenverdiener. Dass er Potenzial hat, ist jedem klar. Seine Tore sind oft wunderschön, aber beeindruckend ist seine Bilanz nicht gerade. In 76 Bundesligaspielen schoss er 24 Tore. Sein Marktwert wird heute auf etwa vier Millionen Euro geschätzt. Wer aber zahlt so viel Geld für einen Mann, den sie bei Hertha „die launische Diva“ nennen? Alves hat in der Vergangenheit gesagt, er wolle noch einmal „in Spanien“ spielen. Seine Zeit in Berlin bezeichnete er schon mal als eine Art Übergangslösung.

Jetzt, da Hertha BSC „mit Luizao Spaß ohne Ende“ habe (Stevens) und im Sommer der polnische Nationalspieler Artur Wichniarek von Arminia Bielefeld nach Berlin wechselt, wo liegt da die Rolle von Alex Alves? Ob er am Sonntag gegen Energie Cottbus spielen wird, dazu äußert sich der Trainer generell nicht.

Alves hat seine eigene Art, mit der Situation umzugehen. Als die Kollegen nach dem Sieg gegen 1860 in der Kurve feierten, joggte er schnell in die Kabine und kam nur Minuten später wieder heraus. Wortlos. Alves war sauer. Und jeder sollte es sehen.

André Görke

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