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Sport: „Amigo, lass uns plaudern!“

Die Justiz verfolgt den Skandal in Spanien nicht mehr

Madrid - Die Sätze am Telefon klangen unverfänglich. Der spanische Dopingarzt Eufemiano Fuentes und seine Kunden sprachen nett über „die Feste, die bevorstehen“, über „Orangensaft“, der übergeben werden müsse. Und: „Amigo, wann treffen wir uns und plaudern ein bisschen zusammen?“. Doch in monatelanger Puzzlearbeit setzten die Fahnder der spanischen Guardia Civil das Mosaik aus abgefangenen Telefonaten, SMS, Handynummern und Notizen zu einer Dokumentation des wohl größten Dopingskandals überhaupt zusammen. Eine Affäre, in die nicht nur Radrennfahrer, sondern auch Fußballer, Leichtathleten und Tennisspieler verwickelt sein sollen.

Spaniens Polizei hat gründlich gearbeitet. Nachdem die Fahnder vor gut einem Jahr mit der „operacion puerto“ das Madrider Dopinglabor von Fuentes aushoben, dokumentierten sie ausführlich, welche Radsportstars mit ziemlicher Sicherheit zu den Dopingkunden gehörten. Etwa der Deutsche Jan Ullrich. Oder der Italiener Ivan Basso. Mindestens 50 weitere Elite-Radrennfahrer, viele aus Spanien, werden in den Ermittlungsakten genannt.

Doch während in Deutschland und Italien die Staatsanwälte dank spanischer Informationen den heimischen Verdächtigen im Nacken sitzen, stellte ausgerechnet die spanische Justiz ihre Jagd auf die Sünder ein. „In Spanien wurde alles auf Eis gelegt“, kritisierte „El Pais“, größte Tageszeitung des Landes. „Weder im strafrechtlichen, noch im sportlichen Bereich gibt es Signale des Lebens.“ Der zuständige spanische Untersuchungsrichter, Antonio Serrano, hatte geurteilt, dass Dopingärzte und Sportler zwar „nicht sauber gespielt“ hätten, aber keine Straftaten begangen worden seien. Spanien, jahrelang das Dopingparadies Europas, habe erst nach der „operacion puerto“ ein scharfes Anti-Dopinggesetz beschlossen, rückwirkend gelte dieses Gesetz nicht.

Nach Erkenntnissen der spanischen Polizei ging der Dopingservice des Sportarztes Eufemiano Fuentes sogar weit über das Blutdoping vor großen Rennen hinaus: Fuentes habe für seine Kunden „Medikationspläne für die ganze Saison“ ausgearbeitet, was „bei Fahrern in Spitzenpositionen oder mit besseren finanziellen Möglichkeiten durch Blutentnahme und Reinfusion ergänzt“ worden sei. Die Komplettbehandlung mit Dopingmedikamenten und Blutsauerstoff-Behandlung kostete pro Saison und Kopf „35 000 Euro plus 1000 Euro pro Etappe des Giro oder der Tour“.

Ralph Schulze

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