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Bitte nicht ansprechen. Räikkönen will an der Strecke seine Ruhe haben. Foto: AFP

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Sport: An der langen Leine

Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen genießt bei Lotus viele Freiheiten – und dankt es mit Erfolgen.

Was Michael Schumacher in den fast zweieinhalb Jahren nach seinem Comeback noch nicht schaffte, das gelang dem Formel-1-Heimkehrer Kimi Räikkönen schon im vierten Rennen seiner zweiten Karriere: Beim Grand Prix in Bahrain erklomm er einen Podiumsplatz und wurde Zweiter hinter Sebastian Vettel, nur relativ knapp geschlagen – und ärgerte sich danach sogar fast mehr über die Niederlage, anstatt sich über den Erfolg zu freuen: „Wenn man so knapp dran ist und es eine Chance gab, vielleicht sogar zu gewinnen, dann ist man einfach mit einem zweiten Platz nicht zufrieden. Wenn man 20 Sekunden dahinterliegt, dann sieht das anders aus.“

Der Ehrgeiz auf der Strecke ist bei dem Finnen auf jeden Fall noch – oder soll man sogar sagen: wieder – da. Denn 2009, in seinem letzten Ferrari-Jahr, wirkte er manchmal unmotiviert und gelangweilt, deshalb hatten ja viele Experten ihre Zweifel, ob das mit dem Comeback nach zwei Jahren in der Rallye-WM so wirklich etwas werden würde. Auch Fernsehexperte Christian Danner zum Beispiel war im Vorfeld sehr skeptisch gewesen, musste sich aber zumindest vorerst eines Besseren belehren lassen. Auf der Strecke ist Räikkönen schnell und aggressiv wie in seinen besten Zeiten, wobei er sich freilich auch sonst treu blieb, ob das seinem Umfeld in der Formel 1 nun gefällt oder nicht.

Auf der Strecke ist er voll da, in den technischen Meetings laut Auskunft seiner Ingenieure bei Lotus auch durchaus engagiert und motiviert – aber alles daneben interessiert ihn nicht. Medien- und PR-Auftritte sind ihm ein Gräuel, wenn er kann, schwänzt er sie und lässt dann die PR-Abteilung des Teams irgendwelche Ausreden und Erklärungen erfinden. In China platzte am Donnerstag seine geplante Medienrunde. Angeblich war Räikkönen mit seinem Taxifahrer auf dem Weg aus der Stadt „verloren gegangen“ – tatsächlich ist er aber erst einen Tag später angereist.

Vom Testen hält der Finne auch nicht allzu viel. Im Simulator schon gar nicht – obwohl Lotus in dieser Saison zum ersten Mal einen hat. „In so ein Ding steige ich nicht ein, entweder ich fahre richtig Auto oder gar nicht“, sagt Räikkönen. Und als es in der Testwoche vor Barcelona am ersten Tag regnete und die Wetterprognose für den zweiten auch nicht ganz sicher war, hatte der für diesen zweiten Tag eingeplante Räikkönen offenbar auch keine Lust, dafür extra von Finnland nach Italien zu kommen. So kam Teamkollege Romain Grosjean zu einem Testtag mehr, und die Presseabteilung durfte sich mal wieder in Kreativität üben.

Aber dass das Team bereit ist, derartige Eskapaden zu dulden und zu decken, Räikkönen sozusagen an der langen Leine laufen zu lassen, ist vielleicht das Geheimnis, dass der Finne zumindest am reinen Fahren in der Formel 1 wieder Spaß hat und motiviert zur Sache geht. Und es kommt ihm zugute, dass Lotus in diesem Jahr ein wesentlich konkurrenzfähigeres Auto hat, mit dem zumindest Podestplätze möglich sind, vielleicht sogar ein Sieg. Darauf, dass der vielleicht schon am kommenden Sonntag in Barcelona kommen könnte, will er sich aber noch nicht festlegen: „Es ist alles so eng – wenn man alles genau auf den Punkt hinbekommt, ist man gleich vorne mit dabei“, sagt Kimi Räikkönen, „aber wenn nicht, wenn du nur irgendwo kleinere Probleme hast, bist du auch ganz schnell wieder hinten. Dass wir in diesem Jahr aber noch gewinnen können, daran glaube ich!“

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