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Sport: Anschluss verpasst

Die Briten enttäuschen beim STRASSENRENNEN – der belastete Außenseiter Winokurow gewinnt Gold.

Ein Sieger, der überhaupt nicht zu den Olympischen Spielen passt, und eine britische Supermannschaft, die sich amateurhaft hat überrumpeln lassen – das Straßenradrennen über 250 Kilometer sollte aus Sicht der Gastgeber der erste große Höhepunkt der jungen Spiele werden, geriet aber vor der Rekordkulisse von etwa einer Million Zuschauern in London und der Grafschaft Surrey zum Flop – nicht nur aus britischer Sicht. Alexander Winokurow hatte sich mit dem Kolumbianer Rigoberto Urán kurz vor dem Ziel aus einer Fluchtgruppe abgesetzt und überlegen den Sprint auf der Prachtstraße The Mall unweit des Buckingham Palace gewonnen. Bronze ging an den Norweger Alexander Kristoff.

Der Kasache hatte die Medaille noch nicht um den Hals, da war die Diskussion schon in vollem Gang. An dem Mann klebt der Dopingmakel wie der Nebel im November über der Themse. „Wino“ wurden schon in seiner Zeit beim Team Telekom Kontakte zur Freiburger Dopingszene nachgesagt, im Juli 2007 wurde er schließlich des Eigenblutdopings überführt und zwei Jahre gesperrt. Jetzt steht der 38-Jährige in seiner letzten Saison plötzlich wieder ganz oben. „Das ist unglaublich“, sagte er. Wohl wahr – Winokurow, der nach dem Rennen ankündigte, seine Karriere nach dem Zeitfahren am Mittwoch zu beenden, wollte sich eigentlich bei der Tour de France mit einem Etappensieg verabschieden. Das gelang nicht, jetzt ist er Olympiasieger und der Radsport hat wieder mal eine Altlast an der Backe. In Wino veritas würde jedenfalls keiner behaupten wollen. Entsprechend lang waren die Gesichter, auch bei Pat McQuaid, dem Präsidenten des Rad-Weltverbandes UCI, der im Ziel aus seinem Auto stieg, als ginge er zu einer Beerdigung.

Der englische Teamchef Dave Brailsford hatte vor dem Start noch gesagt: „Es gibt Mannschaften, die wollen verhindern, dass Mark Cavendish um Gold sprinten kann, aber das werden wir nicht zulassen.“ So kann man sich täuschen. Als am letzten von neun Anstiegen zum Box-Hill immer mehr Profis dem Ausreißer Philippe Gilbert (Belgien) nachstiegen, verpasste der britische Schnellzug um Tour-de-France- Sieger Bradley Wiggins amateurhaft den Anschluss. 30 Fahrer fuhren vorneweg und retteten nach knapp 50 Kilometer Hatz 40 Sekunden Vorsprung ins Ziel. Im Windschatten der britischen Favoriten platzten auch alle deutschen Träume, André Greipel in den Sprint zu führen. Als die Sache längst gelaufen war, spannten sich Greipels Helfer in die Verfolgung, aber mehr als Platz 27 und ein paar sauren Muskeln brachte das nicht mehr.

Das Rennen hatte am Ende auch noch Einfluss auf das Zeitfahren am kommenden Mittwoch. Der Schweizer Fabian Cancellara stürzte als Mitglied der Spitzengruppe und verletzte sich am rechten Unterarm. Tony Martin erging es da besser – nach 180 Kilometern stieg er wegen leichter Schmerzen in der Hand aus.

Jürgen Löhle[London]

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