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Sport: Anstoß im Arbeitskreis

Nach heftiger Diskussion einigen sich Bundestrainer Jürgen Klinsmann und seine Kritiker auf mehr Kooperation

Gerhard Mayer-Vorfelder war am Ende besinnlich zumute. „Und sie bewegten sich in ihren Herzen“, sagte mit weicher Stimme der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Anlehnung an die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel. Jürgen Klinsmann saß neben ihm und lächelte ein wenig gequält. Als harmonisches Gespräch hatte der Bundestrainer den Krisengipfel zur Situation der Fußball-Nationalmannschaft zuvor nicht erlebt. Zweieinhalb Stunden hatten sich der Trainerstab der Nationalmannschaft und die Manager der Bundesligavereine die Meinung gesagt, in teils offenen, emotionalen Worten, wie Klinsmann berichtete. „Das hat gerumst“, sagte ein Teilnehmer.

Im Ergebnis versuchten sich die Manager und der junge Trainer aber in Gemeinsamkeit. Zu diesem Zweck verabredete die Runde die Wiederbelebung des Arbeitskreises Nationalmannschaft, in dem die wichtigsten Kritiker Klinsmanns aus den Reihen der Bundesliga vertreten sein werden. Sprecher des Gremiums wird Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern München, der zuletzt wegen seiner heftigen Kritik an Klinsmanns Kommunikationsmethoden und an dessen ersten Wohnort in den USA aufgefallen war. Auch Dieter Hoeneß (Hertha BSC), Klaus Allofs (Werder Bremen), Rudi Assauer (Schalke 04), Michael Zorc (Borussia Dortmund) und Herbert Briem (VfB Stuttgart) gehören dem Kreis an, den es in anderer Besetzung schon einmal zu Zeiten des Teamchefs Rudi Völler gegeben hatte. „Wir haben uns in die Hand versprochen, Konflikte künftig intern auszutragen“, versicherte Werner Hackmann, der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), der ebenfalls in dem Gremium mitarbeiten soll. Klinsmann dagegen versprach, die Ratschläge von Seiten der Liga ernster zu nehmen, „ich bin ja schließlich noch nicht zehn oder zwanzig Jahre Trainer“.

Diesen Umstand hatten die Vereinsoberen dem Bundestrainer zuvor in deutlichen Worten klar gemacht. Vor allem an der Wohnortfrage und an der Zusammensetzung des Kaders für die Weltmeisterschaft hatte sich in den Räumen der Deutschen Fußball-Liga in Frankfurt am Main offenbar eine heftige Debatte entzündet. Nach Angaben von Teilnehmern kritisierten mehrere Manager, dass Klinsmann es nach Länderspielen allzu eilig habe, in seine kalifornische Heimat zurückzufliegen, anstatt das Gespräch mit der Bundesliga zu suchen.

Klinsmann versprach daraufhin, künftig präsenter zu sein, ohne allerdings konkrete Zeiträume dafür zu nennen. „Ich habe den einen oder anderen Fehler gemacht, etwa als ich nach dem China-Länderspiel nicht noch länger in Deutschland geblieben bin“, räumte Klinsmann ein. Er ließ sich allerdings von seinen Kritikern zusichern, dass allein sein Trainerstab über die sportlichen Belange der WM-Vorbereitung zu entscheiden habe. Auch an den häufig kritisierten Fitnesstests werde nichts geändert; allerdings sollen die Vereine hier noch besser informiert werden.

Auch an der Torwartrotation will der Trainer festhalten, beim Länderspiel am 12. November in Paris soll wie geplant Jens Lehmann auflaufen. Nach massiver Kritik aus der Bundesliga will sich der Bundestrainer allerdings darum bemühen, zügig „eine Achse in der Mannschaft für die WM zu bilden“. Hier hatte ihm die Liga Versäumnisse beim Aufstellen einer Stammelf vorgeworfen, und an diesem Punkt war das Unbehagen nach der Sitzung noch spürbar. „Die Nationalmannschaft ist nicht stabil, schon seit 1996 nicht“, bemängelte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. 1996, bei der EM in England, hat das deutsche Team den letzten Titel geholt. „Wir brauchen einen festen Mannschaftskern, aber wir haben nicht viele stabile Spieler außer Michael Ballack und Oliver Kahn. Diejenigen sollte man stärken und nicht schwächen“, sagte Rummenigge.

Eine Menge Diskussionsbedarf bleibt da also noch für den neuen Arbeitskreis Nationalmannschaft. Öffentlich soll der Streit allerdings nicht mehr ausgetragen werden. Vielmehr sollen die Bundesliga- Manager die Botschaft beherzigen, die sich an die Bibelstelle anschließt, die Gerhard Mayer-Vorfelder aus dem Lukas- Evangelium zitierte: „Die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten.“

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