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Lewis Hamilton (l.) machte Nico Rosberg auch in China nass.

© AFP

Auf dem Weg zum nächsten Formel-1-Titel ?: Lewis Hamilton in der Form seines Lebens

Lewis Hamilton ist auf dem direkten Weg zum zweiten Formel-1-Titel in Folge. Seinen Teamkollegen Nico Rosberg hat der Mercedes-Pilot locker im Griff - vor allem mental.

Lewis Hamilton fährt derzeit in der Form seines Lebens. In den ersten drei Rennen der Formel-1-Saison holte der Weltmeister zwei Siege, einen zweiter Platz und drei Polepositions und führt die WM-Führung mit schon recht deutlichem Vorsprung an. Jedes Rennen und auch jedes Qualifying beendete Lewis Hamilton vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg. Da ist es kaum verwunderlich, dass sich bei Nico Rosberg allmählich Verzweiflung breit zu machen scheint. Aber was macht Hamilton so stark? Warum scheint der Weltmeister von 2008 und 2014 selbst im Stallduell mit dem hoch eingeschätzten Rosberg praktisch unantastbar?
Da ist einmal Hamiltons mentale Stärke. In der letzten Saison setzte er sich im WM-Titelkampf am Ende durch, obwohl er im Spätsommer – auch bedingt durch technische Probleme – schon fast 30 Punkte zurück gelegen hatte. Aber ausgerechnet nach dem Crash in Spa, als Rosberg bei einem Überholversuche mit ihm kollidierte und ihn so aus den Punkterängen warf, hatte er bei fast allen folgenden Rennen die Oberhand. Der Vorfall scheint Hamilton gestärkt und den viel kritisierten Rosberg geschwächt zu haben.

Der Titel brachte Lewis Hamilton Selbstvertrauen und Sicherheit

Hamilton holte den Rückstand im Laufe der Saison auf und gewann schließlich den Titel. Das bringt natürlich Selbstvertrauen und Sicherheit – und offenbar gelang es Hamilton, diesen Schwung ins Jahr 2015 mitzunehmen. Seine große Selbstsicherheit führt auch dazu, dass er derzeit praktisch keine Fehler macht. Früher unterliefen ihm im Übereifer hin und wieder Missgeschicke. Inzwischen hat Hamilton gelernt, nur so schnell zu fahren, wie er muss – wie jetzt in Schanghai, wo er sein Rennen clever einteilte.
Die Souveränität auf der Strecke kommt Hamilton nun wiederum im psychologischen Duell mit seine Teamkollegen zugute. Nico Rosberg hatte vor Saisonbeginn verkündet, sich noch einmal gesteigert zu haben – auf der Strecke ist davon nichts zu sehen. Rosbergs Verbalattacke in China, bei der er Hamilton vorwarf, ihn absichtlich eingebremst zu haben, lief so letztlich nicht nur ins Leere. Sie stärkte im Gegenteil den Kontrahenten, weil sie die Anspannung und Nervosität des Deutschen bloßstellte, die Hamilton genüsslich zur Kenntnis nahm.

Lewis Hamilton fährt im richtigen Moment die Ellenbogen aus

Hinzu kommt ein Umstand, den Lewis Hamilton vor einem Jahr schon einmal erwähnte, um seinen Rivalen mental aus der Bahn zu werfen: Er stammt im Gegensatz zum Weltmeistersohn Rosberg aus einfachen Verhältnissen und kämpfte sich gerade zu Beginn seiner Karriere auf eigene Faust nach oben. In den Zeiten als Kartfahrer musste der junge Hamilton massive finanzielle und damit auch technische Nachteile überwinden. Ein Sportler mit so einer Vita trainiert sich wahrscheinlich noch schneller als andere Aggressivität, Egoismus und Durchsetzungsvermögen an – Attribute, die notwendig sind, um an die Spitze zu gelangen. Wirft man einen Blick auf die ganz Großen der Formel 1, auf Senna, Schumacher, Prost oder auch Sebastian Vettel, dann zeigt sich: Im entscheidenden Moment fuhren sie für den eigenen Erfolg kompromisslos die Ellbogen aus. Nico Rosberg dagegen ordnet seine Ambitionen zu häufig denen des Teams unter.
Möglicherweise aber spielt auch ein technisches Element eine Rolle. „Jedes Auto hat eine gewisse Grundcharakteristik“, erklärt der frühere Grand-Prix-Pilot Marc Surer. Dabei können kleine Details den Unterschied machen. Manch ein Pilot mag etwa ein Auto, das eher zum Übersteuern neigt, also ein eher rutschiges Heck hat – ein anderer bevorzugt einen Wagen, der tendenziell untersteuert. Auch die Frage, wie das Auto mit den Reifen umgeht und ob der Fahrstil des Piloten dazu passt oder im Zweifelsfall umgestellt werden muss, ist von Bedeutung. Wenn hier Nuancen nicht stimmen, fühlt sich der Pilot im Cockpit nicht hundertprozentig wohl und hat beim Fahren am Limit nicht das totale Vertrauen in seinen Wagen. „Diese Grundcharakteristik eines Autos zu verändern, ist schwierig bis fast unmöglich“, sagt Surer. Da könne man noch so viel mit Abstimmungsvarianten experimentieren, „manches ist einfach nicht veränderbar“. Es könnte also auch sein, dass der diesjährige Mercedes Hamilton einfach etwas besser liegt als Rosberg.

Und auch das persönliche Umfeld könnte zu Lewis Hamiltons Höhenflug beitragen. Im Winter glaubten viele, das endgültige Ende der turbulenten Beziehung mit Nicole Scherzinger würde Hamilton in so etwas wie eine Depression stürzen. Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Nachdem das Hin und Her mit der Sängerin beendet ist, scheint Lewis Hamilton den Kopf endlich frei zu haben, um sich auf das konzentrieren zu können, was er am meisten liebt: schnell Auto fahren.

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