zum Hauptinhalt

Sport: Auf dem Wege der Besserung

Hertha BSC hatte in der Vorrunde mit rekordverdächtig vielen Verletzungen zu kämpfen

Belek. Ulrich Schleicher mag keine Hektik. Er steht auf dem Flughafen von Antalya und verfolgt das Treiben am Gepäckband. Diesen Mann bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Was gut ist für einen mit seinem Beruf. Schleicher ist Mannschaftsarzt von Hertha BSC und mitgeflogen ins Trainingslager der Mannschaft nach Belek. Denn die Mannschaft liegt flach. In vielerlei Hinsicht.

Der Berliner Bundesligist hat eine enttäuschende Vorrunde gespielt: Hertha ist Neunter, Mittelmaß. Und das hat Gründe. Neben Spielkultur, Toren und Punkten fehlten den Berlinern sehr viele und wichtige Spieler, die zum Teil lange verletzt waren. Kein einziges Mal konnte Trainer Huub Stevens seine Wunschformation bringen. Im Gegenteil. 26 verschiedene Spieler setzte Stevens ein. Nur Cottbus und Hannover (jeweils 27) übertrafen diese Zahl.

„Die absolute Zahl der Verletzungen erscheint im Moment hoch, aber man muss da differenzieren“, sagt Ulrich Schleicher. Dass sich zwei Spieler die Schulter auskugelten, einem anderen der Kiefer gebrochen und jemandem die Wade aufgerissen wurde, legt der Teamarzt als Schicksalsschlag ab. Alex Alves etwa kugelte sich gleich zweimal die Schulter aus. Kurz vor ihm war das schon Andreas Schmidt passiert, der deswegen fast zwei Monate ausfiel. Oder Josip Simunic, dem Anfang September im Sprunggelenk das Syndesmoseband – die Verbindung zwischen Schien- und Wadenbein – gerissen war. Wenige Tage nach seinem Comeback zog er sich im Uefa-Cup-Spiel in Fulham einen Kieferbruch zu.

Hart traf es auch Marko Rehmer, den im Sommer eine Sprunggelenkverletzung daran hinderte, mehr als nur einmal bei der WM zum Einsatz zu kommen. Anfang September erlitt Rehmer beim Pokalspiel in Kiel eine tiefe Platzwunde am Auge. Kurz vor Weihnachten klaffte eine Wunde auf seiner Stirn. Das Spiel in Kaiserslautern beendete er mit einem Turban. Und Denis Lapaczinski darf sich quasi als Neuverpflichtung fühlen. Der U-21-Nationalspieler hatte sich im April den Knöchel gebrochen. Seitdem stand er nur für wenige Minuten auf dem Platz.

„Das sind Verletzungen von außen, vor denen man sich schwer schützen kann“, sagt Schleicher. Sicher, Hertha habe es relativ hart getroffen. „Aber Brüche im Gesichtsfeld gehören heute zum Fußball.“ Zweikämpfe werden nicht nur mit den Füßen ausgetragen, sondern auch mit den Ellenbogen. Immer wieder komme es zu Kiefer- , Jochbein- oder Nasenbeinbrüchen. „Statistisch gesehen haben wir von diesen Verletzungen jeweils eine im Jahr“, sagt Schleicher. Doch er interessiert sich mehr für die muskulären Verletzungen und dafür, „wie man diese vermeiden kann“. Die Zahl dieser Verletzungen war in der Vorrunde nicht höher als sonst, sagt Schleicher. „Generell beunruhigt mich jede dieser Verletzungen, aber gerade muskuläre Verletzungen haben meist ihre Vorgeschichte“, sagt er. Beispiel Nené. Der Brasilianer spielte im Sommer beim Probetraining vor. Dieses wurde zweimal verlängert, weil Nené unter muskulären Problemen litt. „Er hat um einen Vertrag bei uns gekämpft“, sagt Schleicher. Das erklärt einiges.

Außerdem hatte sich Nené vor zwei Jahren einen Kreuzbandriss zugezogen. „Das hat in der Folgezeit zu muskulären Disbalancen geführt“, sagt Schleicher. „Aber wir waren uns sicher, dass wir dieses Problem aus der Welt schaffen, wenn wir ihn lange genug hätten aufbauen können.“ Nur war dafür die Zeit nicht da. Es herrschte Personalknappheit. Nené musste ran. Früher als geplant. „Wir haben damals mit dem Trainer lange diskutiert und sind gemeinsam das Risiko eingegangen“, sagt Schleicher. Der zweite Muskelfaserriss ließ nicht lange auf sich warten. Und rechtzeitig zum Trainingsauftakt im neuen Jahr meldeten sich die Probleme in Form einer Zerrung im Oberschenkel zurück. Dennoch flog Nené nach Belek. Dahin, wo der Arzt ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false