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Sport: Auf nach Olympia

Erschütterungen wie wohl noch nie hat am Samstag das Eisoval in Berlin-Hohenschönhausen aushalten müssen. Weil beim Weltcup-Einstieg der Eisschnellläufer in die olympische Saison einige schwergewichtige Brocken auf sie niedergingen.

Erschütterungen wie wohl noch nie hat am Samstag das Eisoval in Berlin-Hohenschönhausen aushalten müssen. Weil beim Weltcup-Einstieg der Eisschnellläufer in die olympische Saison einige schwergewichtige Brocken auf sie niedergingen.

"Ich bin einen Felsen losgeworden", bestätigte Christian Breuer. Der Deutsche Meister aus Grefrath war Siebenter (1:50,76 Minuten) über 1500 m geworden. Rang eins teilten sich der Norweger Petter Andersen und der Holländer Jakko Jan Leeuwangh (je 1:50,23). "Der erste Stein ist von meinem Herzen gefallen", sagte Anni Friesinger aus Inzell, nachdem sie die 3000 m in 4:08,44 Minuten gewonnen hatte. Mit Platz zwei musste sich die Weltrekordinhaberin Claudia Pechstein (4:09,69) aus Berlin zufrieden geben. Und Jan Friesinger, Annis Bruder, gestand nach der 14. Position über 1500 m mit 1:51,28 Minuten, auch ihm seien ein paar Steinchen von der Brust gekollert. "Denn damit bin ich beim nächsten Weltcup in der A-Gruppe der 20 Besten und habe den ersten Teil der Olympiaqualifikation geschafft."

Der 20-Jährige hat damit den Grund für die virtuelle deutsche Steinlawine angesprochen. Denn die Vorgabe seitens des eigenen Verbandes und des Nationalen Olympischen Komitees für einen Start bei den Olympischen Winterspielen Anfang Februar in Salt Lake City lautet: mindestens einmal beim Weltcup unter den ersten acht oder zweimal unter den Top 16. Dies gelang Anni Friesinger, Pechstein und Breuer.

Dennoch stehen die Starter des Gastgebers beim einzigen Weltcup auf deutschem Boden (Forsetzung am Sonntag ab 13 Uhr mit 1500 m der Frauen und 5000 m der Männer) unter besonderem Druck. "Olympiaselektion? Das passiert bei unseren Ausscheidungen vom 20. bis 23. Dezember in Heerenveen", sagte der als Fünfter einkommende Welt- und Europameister Rintje Ritsma. Der Bahnrekord des Holländers über 1500 m (1:48,61) blieb gestern ebenso unangetastet wie die Bestzeit der wegen ihrer Schwangerschaft nur als Zuschauerin anwesenden Rekord-Weltmeisterin Gunda Niemann-Stirnemann über 3000 m (4:03,73). "Unsere Olympiateilnahme steht fest. Wir schicken aus finanziellen Gründen nur zwei Läufer", sagte Andrej Fomin und zeigte auf Kollegen Oleg Grischenko. Die Ukrainer belegten die Plätze 57 und 59. Die russische Mannschaft hatte ihren Europameister Dimitri Shepel nach einem zu hohen Hämatokritwert im Blut vom Start suspendiert.

Die strengen deutschen Normen haben selbst der Mehrkampf-Weltmeisterin Anni Friesinger Respekt eingeflößt. Fällt es dennoch unter Tiefstapelei, wenn solch eine Topathletin erklärt, ihr würden "Riesensteine" vom Herzen purzeln, falls sie die Olympianorm meistert? "Nein, solch ein Herangehen ist völlig okay", sagt Gunda Niemann-Stirnemann, "es kann so viel passieren - ein falscher Schritt, ein Sturz, eine Verletzung." All das hat die Erfurterin selbst hinnehmen müssen. "Außerdem", so Jan Friesinger, "ist Bescheidenheit eine gute Tugend, oder?"

Ernst Podeswa

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