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Sport: Aufgeregt ins Achtelfinale

Der gescheiterte Putschversuch des Ex-Kapitäns Terry scheint die Engländer aufgerüttelt zu haben: Das 1:0 gegen die Slowenen reicht fürs Weiterkommen

Das leichte Kratzen am Kopf verriet ein Nervosität – und Anspannung, die noch immer nicht passé ist. Das Tippeln mit den weißen Turnschuhen auch. Doch wer Frank Lampard bei seinen Ausführungen im Nelson-Mandela-Bay-Stadion von Port Elizabeth lauschte, der kam nicht umhin: Die englische Fußball-Nation hat nach einem verdienten 1:0 (1:0) gegen Slowenien wenigstens einen Teil seines Selbstverständnisses wieder erlangt. „Wir wollen nicht nur zwei Wochen in Südafrika bleiben, sondern einen Monat“, sagte Lampard, und der Tonfall des kürzlich 32 Jahre alt gewordenen Antreibers vom FC Chelsea verriet, dass die entsandten Vertreter für das Mutterland des Fußball ihre Mission längst noch nicht als erfüllt ansieht. „Wir haben hier einen Auftrag, den wir alle nur gemeinsam erfüllen können“, sagte Lampard, während sein als gescheiterter Rebell aufgefallener Londoner Klubkollege John Terry es an diesem Tag vorzog, zur Lage der Nation vorläufig mal zu schweigen.

Dafür gab sich sein vermeintlicher Widerpart, bekanntermaßen kein Geringerer als der fürstlich entlohnte und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattete englische Teammanager Fabio Capello, in bester Plauderlaune: „Wir haben wieder die Leidenschaft gezeigt, die wir gegen Algerien verloren hatten. Wir haben sehr gut gespielt.“ Und auch Capello hatte es gut gemacht: Die Hereinnahme von Jermain Defoe für den irrlichternden Emile Heskey im Sturm war schon deshalb richtig, weil der 27 Jahre alte Angreifer nach einer Flanke von James Milner den Ball mit dem Schienbein recht früh im Tor des slowenischen Schlussmannes Samir Handanovic unterbrachte.

Fabio Capello konnte man den abgefallenen Druck wohl am deutlichsten anmerken. „Der Kopf ist frei. Wir haben keine Angst mehr“, sagte er, rückte seine Designerbrille zurecht, und berichtete der Weltpresse vom persönlichen Glücksgefühl ob der Metamorphose einer rätselhaften Mannschaft, die am vergangenen Freitag in der Tafelbucht von Kapstadt noch wie eine Ansammlung verzagter Freizeitfußballer zu Werke gegangen war, nun aber wieder wie ein richtiges Profiteam reichlich Mut und Entschlossenheit zeigte. Die Engländer waren über die gesamte Spielzeit druckvoller und dynamischer, fokussierter und konzentrierter. Auf die Frage nach dem Warum beliebte der italienische Weltmann sogar zu scherzen: „Wir haben am Abend zuvor ein Bier zusammen getrunken.“

Dass es nicht zum ursprünglichen Ziel, dem ersten Platz in der Gruppe C, langte, und England am Sonntag in Bloemfontein nun das dritte Achtelfinale spielen muss, davon wollte sich Lampard nicht beeindrucken lassen: „Wir haben geleistet, was zu leisten war.“ Es hätte ja auch das passieren können, was den Slowenen passierte. Sie glaubten fast bis zum Schlusspfiff, ihnen reiche die knappe Niederlage. Als sie die Kunde vom späten US-Sieg erreichte, waren sie untröstlich. „So ist der Sport – unbeschreiblich bitter“, sagte Trainer Matjaz Kek. Und dann bat der Slowene um Mitgefühl: „Lassen Sie uns ein bisschen allein. Es ist eine einmalig bittere Erfahrung. Ich hoffe, dass wir irgendwann alle davon profitieren.“

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