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Sport: Auftakt mit Tränen

Die NFL startet – und verabschiedet Jerry Rice

Berlin - In den USA gibt es ein paar Zahlen, die in der Sportwelt eine eindeutige Bedeutung haben. So steht die Nummer 23 für den Basketballstar Michael Jordan, weil der in seiner großen Zeit bei den Chicago Bulls diese Zahl auf dem Trikot trug. Die Nummer 99 ist dem Eishockeystar Wayne Gretzky zugeordnet. Und bei der Zahl 80 fällt jedem Sportinteressierten in den USA ebenfalls nur ein Name ein: Jerry Rice.

Rice ist eine Footballlegende – bis vergangenen Montag war er sogar noch eine aktive. Doch vier Tage vor dem offiziellen Eröffnungsspiel der National Football League (NFL) begann der bisher beste Receiver die Saison auf eigene Weise. Der 42-Jährige erklärte seinen Rücktritt. Zuvor hatte ihm der Headcoach der Denver Broncos, Mike Shanahan, gesagt, dass er keinen der drei Stammplätze als Receiver bekommt.

So trat Rice vor die Öffentlichkeit, wie er in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast nie zu sehen war. „Ich denke, die Tränen, die ihr hier seht, laufen, weil ich diese Zeit wirklich geliebt habe“, sagte Rice. Sein Rücktritt löste Bedauern aus. Sogar Trainer Shanahan sagte: „Er ist der größte Spieler, den es in diesem Sport gegeben hat.“

Die Broncos waren nur seine Station der letzten Hoffnung. Ein Jahr zuvor war der Ausnahmespieler bei den Seattle Seahawks nach nur einem Jahr entlassen worden. Seine größten Erfolge feierte er in den 16 Jahren mit den San Francisco 49ers. Sie hat er zusammen mit Quarterback Joe Montana zum Team der Achtzigerjahre gemacht, dreimal hat er den Super Bowl gewonnen. Rice stellte insgesamt 38 Rekorde in der NFL auf, darunter die gültigen Bestmarken von 197 Touchdowns, 1549 gefangenen Pässen und 22 895 gelaufenen Yards.

Dem Boom der NFL tut selbst dieser Abgang keinen Abbruch. Nahezu alle Spiele der Saison sind bereits heute am ersten Football-Sonntag der Saison ausverkauft. Der Zuschauerschnitt wird in der 40. Saison bei mehr als 66 000 pro Spiel liegen. Selbst die Überflutung von New Orleans tritt zum Auftakt in den Hintergrund. Die Anteilnahme der reichsten Liga der Welt an der Katastrophe ist zwar obligatorisch, doch lange nicht so emotional wie wenige Tage nach dem 11. September 2001. Die Lieblingssportart der Amerikaner ist auch Ablenkung in schweren Zeiten. Gespannt fragt sich gerade jetzt die Nation: Wer wird am 8. Februar 2006 in Detroit den Super Bowl gewinnen? Sind es endlich die Philadelphia Eagles, die Pittsburgh Steelers oder doch zum vierten Mal die New England Patriots? Die New Orleans Saints, das Arminia Bielefeld der NFL, werden es nicht sein. Das Team steht logistisch vor einer fast unlösbaren Herausforderung. Wo die Heimspiele stattfinden, ist immer noch unklar.

Das traditionell vorgezogene Eröffnungsspiel am Donnerstag in Los Angeles endete jedenfalls so wie die vergangenen Saison: mit einem Sieg der New England Patriots. Das Team aus Boston gewann beim Super Bowl in Jacksonville den Titel und gilt auch in dieser Spielzeit als einer der vielen Favoriten. Was das Team um den herausragenden Quarterback Tom Brady beim 30:20 gegen die Oakland Raiders zeigen konnte.

Ingo Wolff

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