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Randale

© Reuters

Ausschreitungen: Angriff auf der Oderbrücke

Erst friedliches Fest, dann Krawall: In Frankfurt an der Oder muss sich die Polizei gegen polnische und deutsche Hooligans verteidigen – in Klagenfurt werden 144 Deutsche festgenommen.

Die Oderbrücke ist 252 Meter lang, sie verbindet Frankfurt mit seinem Nachbarstädtchen Slubice in Polen. Diese Brücke haben in der Nacht zum Montag 300 polnische Hooligans gestürmt und die Grenze überschritten, wie die Bundespolizei mitteilte. Als sie um 23 Uhr die polnische Polizei „attackiert und aus dem Weg gedrängt“ hatten, so ein Sprecher, wurden deutsche Einheiten alarmiert. Sie eilten zur Brücke und wurden dann selbst mit Tritten, Flaschen und Steinen angegriffen. „So eine Aggressivität haben wir bei der Fußball-WM 2006 nicht erlebt“, sagte der Sprecher der Bundespolizei. Viele der polnischen Hooligans waren vermummt; ein Polizist wurde leicht verletzt.

Die 0:2-Niederlage im ersten EM-Spiel der Polen lag da gerade eine halbe Stunde zurück. In Frankfurt feierten die Fans, Tausende hatten sich bei einem Public-Viewing-Fest an der Oder versammelt. Doch als einige Gewaltbereite hörten, dass polnische Hooligans auf dem Weg seien, machten auch sie sich auf. 300 Deutsche, darunter nach Polizei-Angaben „etwa 30 bis 50 rechte Problemfans von Viktoria Frankfurt“, mussten zurückgedrängt werden. Sieben Männer, die den Ort nicht verlassen wollten, kamen in Gewahrsam. „Es war keine Schlacht auf der Oderbrücke“, sagte ein Polizeisprecher, „aber ganz sicher auch kein Smalltalk“.

Noch am Montagmorgen tagte die Polizei, um ein mögliches Eindringen von Gewalttätern bei den kommenden EM-Spielen zu verhindern. „Wir hatten jedenfalls nicht zu wenig Polizisten im Einsatz“, sagte ein Beamter. Ob die Schlägerei vielleicht sogar unter Hooligangruppen verabredet war, wird jetzt vom Landeskriminalamt geprüft. Vor der Fußball-WM hatten sich je 50 Männer aus Polen und Deutschland an der Grenze getroffen und in einem Wald geprügelt. „Wald- und Wiesen-Match“ nennen das Fahnder.

Dabei hatten Sicherheitsexperten eher damit gerechnet, dass Krawalle am Spielort, also in Klagenfurt, stattfinden würden. Damit sollten sie auch Recht behalten. Die Polizei nahm am Sonntagabend und in der Nacht 157 Fußballanhänger in Klagenfurt fest, wie am Montagmorgen Landespolizeikommandant Wolfgang Rauchegger sagte. 144 davon waren Deutsche. Sie hatten am Abend rechtsradikale und antisemitische Parolen skandiert, die auf den gelben Judenstern anspielten. „Es gab aber keinen Naziaufmarsch“, sagte der Sprecher der deutschen Polizeidelegation in Klagenfurt, Harry Kolbe, dem Tagesspiegel. Die rechten Sprüche der Hooligans seien „ohne politischen Inhalt“, eher stumpf-provozierend gemeint gewesen. Dennoch: „Wir müssen bei der EM weiter wachsam sein“, sagte Kolbe.

Am Donnerstag spielt Deutschland gegen Kroatien; am 16. Juni gegen Österreich, dann allerdings in Wien. „Blauäugigkeit ist absolut fehl am Platze, es gibt keine Verschnaufpause“, sagte Kolbe. Die österreichische Polizei hatte 2500 Polizisten in Klagenfurt eingesetzt, 400 von ihnen waren aus Nordrhein-Westfalen angereist. Auch das deutsche „SKB- Team“, also szenekundige Beamte, war mit 14 Hooliganfahndern im Einsatz. Sie hätten früh ihre Klientel in den Gassen erkannt, sagte Kolbe. In den vergangenen Wochen hatten die deutschen Sicherheitsbehörden mehr als 3500 Problemfans in Deutschland angesprochen oder ihnen Meldeauflagen erteilt. Mehreren deutschen Fans war nach Angaben der österreichischen Grenzpolizei auch die Einreise verwehrt worden; ein Reisebus mit 30 Insassen wurde bei Basel abgefangen.

Insgesamt sei es jedoch ein „friedliches Fußballfest in Klagenfurt gewesen“, sagte Kolbe. 80 000 Fans seien dort gewesen. Die meisten verbrachten den Abend friedlich in den engen Gassen. Ohne Prügel, dafür gemeinsam bei einem kühlen Bier. Polen, Deutsche und Österreicher.

André Görke

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